Taxifahren in Zentralasien

von Lydia Wachs

Stadtverkehr in Astana, Kasachstan (Bilder: Lydia Wachs)

Eigentlich ist Reisen in Zentralasien ganz einfach – man kann nämlich fast alles mit dem Taxi er-fahren. Auch wenn dies natürlich etwas übertrieben ist, so stimmt es schon, dass man einige Distanzen mit dem Taxi zurücklegen kann und dafür auch gar nicht so tief in die Tasche greifen muss. Netter Nebeneffekt dabei ist, dass man oft in witzige und interessante Gespräche verwickelt wird und – zumindest in meinem Fall bisher – nur selten bitterböse Erfahrungen macht. Einige dieser Stories sind es, wie ich finde, wert zu erzählen.

Wer den Film „Night on Earth“ von Jim Jarmusch gesehen hat (wenn nicht, unbedingt schauen!), kennt die Szene im nächtlichen New York der 1990er Jahre, in der der Afroamerikaner Yoyo auf den gerade aus Ostdeutschland eingereisten Taxifahrer Helmut Grokenberger trifft. Da Letzterer weder den Weg nach Brooklyn kennt noch Erfahrungen mit Automatikgetriebe vorzuweisen hat, übernimmt kurzerhand Yoyo das Steuer und so entspinnt sich eine überaus lustige Szene zwischen den beiden. Zwar ist es noch nicht so weit gekommen, dass mir das Steuer übergeben wurde (wäre, wenn es nach meinem Fahrlehrer ginge, vielleicht auch nicht die beste Idee), dafür mache ich andauernd die Erfahrung, dass mich die Taxifahrer nach dem Weg fragen. Ich kann mir ja schon vorstellen, dass es nicht leicht ist, in einer Metropole alle Straßen zu kennen, aber jetzt mal ernsthaft:  Erstens haben die meisten doch eh einen Navi, zweitens wurde ich dies auch schon in der 400 000 Seelen Stadt Karaganda gefragt (just nach dem ich am Bahnhof zum ersten Mal in der Stadt angekommen war) und drittens – Ich? Eine Ausländerin soll den Weg besser kennen als ein Taxifahrer?
Meist haben wir – oder eben das Navi – den Weg dann aber auch irgendwie gefunden…

Bist du verheiratet?

Für den Weg von meiner WG in Astana zum Flughafen rief ich mir also ein Taxi. Später sollte mein Flug nach Bischkek gehen. Schon die Art, wie der Taxifahrer heranfuhr, lies mich ein bisschen erschaudern: Schön nutzte er den glatten Eisboden und sein scheinbar nicht existentes Reifenprofil aus, um in einem Kreis an meine Tür heran zu schliddern. Als ich die Autotür öffnete, stellte ich außerdem fest, dass es sich um ein – wie ich anfangs dachte – altes britisches Auto handelte, d.h. mit dem Lenkrad auf der rechten Seite (wie mir in Kirgistan später erklärt wurde, sind dies jedoch alles aus Japan importierte Autos, die so um einiges günstiger sind als Autos mit dem Steuer links). Nach ein paar Minuten Autofahrt fielen mir die vielen Polizeikontrollen am Straßenrand auf und irgendwie dachte ich mir schon, dass wir bestimmt angehalten werden würden (bei dem Auto und dem Fahrstil!). So kam es schließlich auch und es begann erstmal eine längere Kontrolle und Diskussion zwischen Taxifahrer und Polizisten. Ich hatte – wie immer vor Flugreisen – glücklicherweise viel zu viel Zeit eingeplant und daher erstmal keinen Stress. Nach ein paar Minuten fragte ich dann aber  doch mal nach, wurde jedoch geflissentlich ignoriert. Irgendwann schien es sich jedoch wirklich um ein auswegloses Problem zu handeln, sodass sich der Taxifahrer kurzerhand meinen Koffer schnappte und in ein anderes Taxi verfrachtete – ich kam mit Mühe und Not und meinem restlichen Gepäck hinterher. Die ersten Minuten der neuen Fahrt waren ruhig, doch dann ging die Fragerei los. Woher ich denn komme und was ich machen würde? – Deutschland, Reisen (Erklärungen über Praktika waren mir gerade zu langwierig). Und wie alt ich denn sei? Und ob ich einen Mann habe oder einen Freund? Da mein Taxifahrer eher jünger als ich schien und sicher nicht bedrohlich, antwortete ich bereitwillig – Nein, alles nicht. Und ob ich denn Kasachstan oder Deutschland besser fände? Und ob ich lieber einen Kasachen oder Deutschen heiraten wollte? Zumal ich ihm erzählt hatte, dass ich nur ein bisschen in Kasachstan herumreiste, waren diese Fragen schon ein bisschen merkwürdig, aber gut…Irgendwann schafften wir es dann auch zum Flughafen und zu weiteren Fragen kam es nicht mehr. Nur konnte ich noch kurz erfahren, dass er erst 19 Jahre alt war und schon mit 12 Jahren Autofahren gelernt hatte.

Die gute Seite der Taxifahrer

Wenig später in Bischkek auf dem Weg zum Busbahnhof, von dem aus ich an den Issyk Kul fahren wollte, traf ich wieder auf einen äußerst gesprächigen Taxifahrer. Als er hörte, dass ich an den Issyk Kul nach Karakol möchte, bot er mir sogleich an, mich direkt dorthin zu bringen – eine Strecke von etwas mehr als 400km. Die Fahrt wäre doch so viel komfortabler und ich könnte überall anhalten und Fotos machen. Außerdem glaube er, dass heute eh keiner mit der Marschrutka an den Issyk Kul möchte und diese fuhren ja erst, wenn sie voll wären. Glücklicherweise dachte ich mir schon, dass er nur gern mir seine Fahrt verkaufen wollte und bestand also auf die Marschrutka. Am Busbahnhof, als hätte er mir nie von alledem erzählt, brachte er mich dann auch direkt zur nächsten Marschrutka, half mir noch beim Umladen und nach 15 Minuten fuhren wir schon. Das ist eben auch eine Seite mancher Taxifahrer hier: erst binden sie einem irgendeinen Bären auf, aber letztendlich, als hätten sie dies alles nie getan, helfen sie einem bereitwillig – er hätte mich schließlich auch irgendwo hinbringen können, wo ich keine Marschrutka gefunden hätte.

„Händi hoch!“

Vor ein paar Wochen in Almaty, saß ich mal wieder neben einem Taxifahrer im Auto. Dieser fragte mich plötzlich, was sich hinter einem Laden verberge, an dem wir gerade vorbeigefahren waren. Irgendein schicker Modeladen namens „Zilly“ – sagte mir auch nichts. Warum fragte er mich? Wie sich herausstellte, dachte er wie die meisten hier, dass ich Russin sei (und da kennt man wohl diesen Laden?!). Im Verlauf des Gesprächs bemerkte er, dass ich doch wirklich eine tiefe Stimme hätte, die sei ja sogar tiefer als seine – das fand er überaus lustig. Dann sagte er plötzlich: „ Händi hoch, Händi hoch“ – Ich verstand nicht: „Handy hoch??“- „Nein, Händi hoch…“. Mit seiner Erklärung verstand ich dann doch: „Hände hoch“. Scheinbar hatte er als Kind alte sowjetische Kriegsfilme gesehen, in denen die deutschen Feindestruppen immer „Hände hoch“ schrien und mit Gewehren vor der Nase der Russen herumfuchtelten. So hatte er diese Phrase übernommen und mit seinen Freunden immer das Spiel „Hände hoch“ gespielt und die Filmszenen imitiert. Als ich das Taxi verließ, verabschiedete er sich mit den Worten „Hände hoch!“

Usbekisches Taxi stehlen?

Doch nicht nur in Kirgistan und Kasachstan lässt sich fantastisch Taxifahren, sondern auch in Usbekistan, wie ich vor kurzem die Erfahrung machte. Zum Glück hatte mir Anni, eine Freundin von mir in Taschkent, vorweg den maximalen Preis fürs Taxi vom Flughafen zum Verhandeln genannt. Ausländer können am Flughafen in Taschkent jedoch keine usbekische Som abheben und eine Wechselstube für US-Dollar gibt es nicht, weshalb ich mit der Freundin ausmachte, dass ich zu ihr auf die Arbeit kommen würde und sie mein Taxi vorerst bezahlte. Dem Taxifahrer erzählte ich dies natürlich erst, als wir bereits am Ziel angekommen waren. Anstatt mir die Möglichkeit zu geben, Anni ausfindig zu machen, lief er sogleich selbst los und war damit verschwunden – Schlüssel ließ er stecken. Da ich nicht einfach ohne Bezahlung abhauen wollte (und auch kein Interesse an dem Diebstahl seines Autos hatte), blieb mir also nichts anderes übrig, als im Taxi auf den Taxifahrer zu warten. Schließlich kam er nach ein paar Minuten auch wieder zurück und wen brachte er mit – Anni.

Der Einfachheit halber entschied ich mich an meinem zweiten Tag in Usbekistan, mit dem Taxi von Taschkent nach Samarkand zu fahren (ca. 300km). So fuhr ich zum zentralen Sammeltaxi-Platz, auf dem ich direkt von einem Dutzend Taxifahrern umzingelt wurde. Irgendwie entschied ich mich für einen von ihnen. Leider vergaß ich dabei jedoch zu fragen, ob er bereits andere MitfahrerInnen gefunden hat. Hatte er nämlich nicht und da er auch keine großen Anstalten dazu machte, fing erstmal eine längere Wartezeit an. Schließlich fand er – wie weiß ich nicht – doch zwei usbekische Babuschkas, sodass die Fahrt nach mehr als einer Stunde starten konnte. Ich hatte extra Lesestoff dabei und freute mich auch auf die vorbeibrausende Landschaft. Wie sich jedoch herausstellte, konnte ich die Fahrt nicht ganz so genießen wie geplant. Das Gaspedal wurde bis zum Anschlag durchgedrückt und in dieser Position für die nächsten vier Stunden gehalten. So flogen wir mehr oder weniger im Chevrolet nach Samarkand – zumindest jedes Schlagloch veranlasste einen kleinen Höhenflug. Nach 2/3 der Strecke mussten wir etwas verlangsamen, da wie sich herausstellte, ein furchtbarer Unfall stattgefunden hatte. Der Anblick dessen berührte auch den Taxifahrer für kurze Zeit, doch dann wurde wieder aufs Gaspedal gedrückt. Ich hatte mir jedenfalls schon längst geschworen, dass – komme was wolle – ich mit dem Zug wieder nach Taschkent zurückfahren würde.  Bevor wir nach Samarkand rein kamen, setzten wir noch die beiden Babuschkas ab, mit denen zumindest ein kurzes nettes Gespräch zustande gekommen war, in dem aber natürlich wieder die obligatorischen Fragen nach meinem Familienstand abgearbeitet wurden. In Samarkand sammelten wir dafür dann die Schwester des Taxifahrers ein und suchten dann zu dritt mein Hostel. Eigentlich hatte ich die Adresse genannt, aber so richtig nach Logik schienen wir nicht vorzugehen. Statt einfach nach Hausnummern zu suchen, wie ich vorschlug, wollte die Taxifahrer-Schwester lieber das Hostel anrufen. Kurz bevor es dazu kam, fanden wir es aber auch so. Ich zahlte ihm wie anfangs abgemacht 40 000 Usbekische Som, d.h. umgerechnet 4 Euro – ein Stundenlohn für ihn von 1 Euro…!

Die schwarzen Schafe

Dennoch muss auch nicht jede Fahrt ein nettes – oder halbwegs nettes – Erlebnis sein. Wie ich von einer Bekannten letztens mitbekam, die ohne Russischkenntnisse gerade erst in Almaty gelandet war und ein Taxi ins Zentrum genommen hatte, wollte der Taxifahrer am Ende umgerechnet 40 Euro für eine Fahrt haben, die normalerweise um die 3 Euro kostet. Glücklicherweise schaffte sie es den Preis auf 10 Euro zu „drücken“. Als sie jedoch das Taxi verließ, bemerkte sie noch, dass der Taxifahrer die gesamte Situation gefilmt hatte – wahrscheinlich zum Gefallen seiner Kumpel.
Und auch als ich letztens mitten in der Nacht am Busbahnhof von Almaty nach einer langen Fahrt wieder ankam, hatte ich nicht das beste Taxi-Glück. So stieß ich auf einen Taxifahrer, der zunächst ein anderes Paar nach Hause brachte. Dies gestaltete sich als sehr langwierig, da er die Adresse (mal wieder) nicht fand. Als ich schließlich an der Reihe war, fiel ihm ganz plötzlich auf, dass der abgemachte Preis doch viel zu gering sei und veranschlagte gleich einmal 50 Prozent mehr. Ich sträubte mich natürlich – insbesondere dann, als er auch nicht die Adresse, zu der ich wollte, fand. Da ich jedoch kein Kleingeld dabei hatte und auf sein Wechselgeld angewiesen war, konnte ich nur wutschnaubend den höheren Fahrpreis annehmen. Lektion gelernt: Nimm nie ein Taxi ohne Kleingeld!

Insgesamt überwiegen bisher aber doch die positiven und netten Geschichten und es ist immer wieder spannend, was sich hinter der nächsten Taxitür verbirgt. Auf die Art komme ich zumindest zu Gesprächen mit Leuten, mit denen ich sonst wohl eher nicht interagieren würde.  Außerdem hat mir neulich ein Freund erzählt, dass auch er die ganzen Fragen um seinen Familienstand immer beantworten müsste. Gehört hier halt so zum Smalltalk, wie bei uns das Wetter. Außerdem hat er mir den Rat gegeben, selbst auch mal die Verheiratet/Kinder/etc.-Frage als Gegenfrage zu stellen, da kämen wohl immer interessante Geschichten zustande!

Dieser Text stammt von AK-Mitglied Lydia und ist zuerst erschienen auf https://steppenbericht.wordpress.com. Schaut mal auf ihrem Blog vorbei!

Danke, Lydia!

Why Russia said ‘Good Bye’ to Ukraine

(Christian Hörbelt)

The Russian attack, the annexation of the Crimea is the Russian way to say `good bye` to Ukraine. After the Maidan protest in 2014 the Russian government understood: Those people, the Ukrainian people, are not any more controllable – they left the Russian way of living. It is true. Ukrainians had two so-called revolutions: The Orange one in 2004 did not bring the change the people wished for. However, the Russian government was able to install one of them instead, Janukowitsch. He empowered his family members and built up a harsh clan structure, based on corruption and feudalism. The Ukrainians rebelled again against the political elite, but this time in such a brutal and long-winded way that the former president Janukowitsch had to flee from them. Russia just used the moment of destabilization of Ukraine to conquer Crimea – it was the Russian window of opportunity, and the professional way of annexing the region showed that it was probably planned well in advance. Contrasting to the hybrid war in the east, Russia just wanted to weaken the Ukrainian state, mobilizing his own people against Ukrainians, to stay behind Janukowitsch and his regime. It is crazy: But the plan of Putin worked. Even the sanctions from the EU and USA are not bringing the wishful change. The promised effect that it would put some pressure on the Putin regime backfired: More and more Russians are staying behind Putin and his followers. Putin is playing like a chess player. Even though the loss of Ukraine is as painful as to lose the Queen figure, he managed to get the most benefits from this situation. And it should be noted: Russian foreign politics are always interim politics too. The Putin Regime uses the foreign affairs to actively promote their own goals within Russia.

His benefits of the Ukrainian crises are:

  • Annexation of Crimea.
  • Strengthening his regime within Russia.
  • Strengthening his position as “no alternative to this guy”.
  • Weaken European Integration process.
  • Controlling “frozen conflict”, which means influence in Ukraine.
  • Re-installing a somewhat global role in international relations.

To sum up: The Putin Regime is making profit, but not to the Russian people or the state. However, what Russia did to Ukraine was a weird and painful good bye kiss. The Putin Regime understood quite clearly, that the Ukrainians are not one of them anymore, of the closed society, of the enslaved society. The Ukrainian people are not under Russian influence anymore – they lost it with the insane Janukowitsch. At least, it was just a question of time. The influence of western society, the wish to change and the uprising Ukrainian identity was like a shot in the neck for the Russian cultural dominance in this region. Russia said good bye, took the prestige fillet Crimea and hurt the country, so that the EU and the USA have to pay a high price for a free Ukraine.

Russia is a closed society

I had the chance to talk with politicians, activists and of course normal people. To safeguard my sources of information I will use no names, only titles – unfortunately, the situation in Russia gives me no other option. He who is against the mainstream is against Russia. He who is against Putin is against Russia. He who is against the political decisions is against Russia. The answers you get are totally weird when you ask the people about Putin and his regime. Here is a typical conversation:

I: “Do you like Putin?”

Russian: “Yes, he is making us strong! We are surrounded by the NATO, the USA wants to weaken us. It is good that he brought back Crimea. He takes care that we get a good life.”

I: “But he is stealing your oil, gas and everything. He is not fighting against corruption. Where does he make you stronger? Is your income raising?”

Russian: “Ok, maybe he is not perfect. But it was always like this. What should we change? Putin is nowadays the best option of the worst.”

I: “So, your life is not better. You have no legal safety, the police is doing what it wants. The health system is smashed. Where are you strong?”

Russian: “I know, here are many problems. But Putin is making us stronger. He is not the only solution to all the world’s problems. We are strong again.”

I: “But you are not strong! Where is your individual wish to have a better life?”

It continues something like this: next to Putin there is no alternative. But no Russian put a question mark why there is no other option.

The Professor and the Opposition: They call him Liberast

I talked with a professor from the Federal Ural University. He is teaching Journalism history and has a real critical point of view about many Russian politics: “I am telling my students: Do not work in this media business. There is no way to work as a free journalist.” He remembers the murdered journalists like Anna Politkowskaja or the most popular politician of the opposition Boris Nemzow. The list of those who died in mysterious circumstances is long. Most of the cases where never solved. The German NGO “Reporter ohne Grenzen” puts Russia at 152 of 180, in the free press ranking. “There is no environment for critical thinkers. The government silenced them, puts such a pressure that they stop to work, flee out of the country or in the worst cases kills them.” The professor has his life in danger, because he is a public person. He is writing statements in Nowaja Gazeta and other media, holding speeches against the regime and – most dangerous – says what he thinks in public life. “Strangers are blaming me in the internet and in public as “Liberast”.” Liberast – it is a fantasy word, a mix from the Russian word Liberal and Pederast. People are blamed as liberast when they are promoting European values – or when they are against the Russian Regime, against Russian decisions and thus against the Russian people. Also it is a mix of homophobia (pederast are handled as gays) and nationalism in a pro authoritarian system with “clear values” against “universal values and human rights”.

Opposition activity can destroy lives

Also for people who are active in politics, even locally, living is dangerous. One of them is active since the 1990s and he says that the pressure was never so high like nowadays. “I lost already three jobs because of my political activities. Me and my party members want to give another option”, the opposition-politician says. He was a former manager in a big company, but had to leave the company after the state controller found some particular mismatches, which did not existed: “My boss tried to hold me, but the pressure increased from month to month. So, he asked me to leave”, and he had to find another job. “But also when we are having meetings, the police comes and gives us random fines.” So, when they had a meeting, inside of a building, a stranger crossed a red traffic light near the place, the police blame the meeting organization for this, saying the organizer has to keep order – he had to pay 20.000 Rubles, or go to court, to a hearing he can only lose. “It costs not only a lot of money, it can also bring someone into prison if you have some fines. They do not kill us directly, but they try to destroy us slowly.” The opposition-politician looks in my eyes and I caught a moment of fear, but the next moment he adds: “But no, I have to fight. I have now enough financial freedom because of the flats I own. I have to do it for my kids, the next generation”, and then he had to go, to another political meeting.

Shall they swim against or with the current?

Also for people who are not living in a mainstream way, as for example a lesbian group in St. Petersburg, their way of living is more and more restricted, especially after the “law against homosexual propaganda”. “If we are kissing in public, behaving like a couple, people not only look at us: they attack us with words I do not want to repeat”, one of them says, with short blond hair. “But we do not care. Nobody needs to tell us how to live, how to behave.” But they have to nod when I asked if the pressure rose since the Ukraine conflict. “Yep, we have more and more fear to be victims of some crazy guys.” However, the situation seems to be not as cruel as to feeling that someone would kill them, but more like this: He who is not marching with the mass is trampled by it. An example named Gulag Perm-36 can be used. It is located just one hour away of the city Perm. The museum was for a long time managed by the organization Memorandum, one of the last bastille of a free Russian civil society. The Russian state made so many harsh measures against the museum and its managers that they had to give up. Nowadays it’s the state managing this special museum. It is the last standing Gulag, open for the public. Perm-36 was a part of the then preferred terror system, which chose randomly who would be chopped up. Such a gulag system was established under Lenin, used by Stalin for his so-called “industrialization” or in another words to be used as slavery camps. Stalin also created the myth, that without those gulags the war had not been won. In the Soviet Union till the late 1980s there was still slavery in the normal prisons for the wood industry. However in Russia, there was never something like a critical review of the history like the Germans did. Memorandum tried to show to normal people the real face of the gulag system, that it destroyed life, that is was a tool of the authoritarian rulers, that Stalin was a bad man. Nowadays, the state is retelling the history: No, this gulag system was really useful, it contributed to the victory – the positive is higher than the negative.

Russians want to empower themselves: Minorities are again in danger

“There is a brain drain. So many young and intelligent people are fleeing out of Russia”, claims the professor, showing some statistics. And the brain drain is real: Not only are intellectuals leaving the country, but also more and more “businessmen”. “Russia gives no space for a safe law process or a legal frame. There is no judicial safety”, says one young lawyer of tatarian origin from Kazan. He works mostly with cases between companies, where the corruption scale is not that high, but still present. “If you want something, you can buy it always. It depends on your pocket. Especially in private law. It is a mess”, he says and adds, that the situation became worse and worse. The climate is not pro-investments. Also before the sanctions where enforced, the investment climate was declining. “Russia is not a free country”, the lawyer says and stresses that this is especially for all of those, who are not pure Russians. “I am a Tatar. But I am also a Russian. But I look like a pure Tartar. I am practicing my Muslim tradition and religion.”

No democracy without democrats?

Russia is on a wrong path. Putin is not making Russia stronger. He weakens the nation, every day by putting journalists in prison and by not fighting corruption. He is fighting against democracy. The Russian people can be democrats. There were also democratic movements before the Revolution of 1917 started, but were brutally smashed by Lenin and his so-called comrades. The history of Russia would have been totally different if Lenin never came to power. But Russia is now for more than four generations in a soviet system, and before that it was only a feudalistic society. The Russian people haven’t yet have a clear chance to live the European values and to live like Europeans. For me they are Europeans, but without the possibilities to live like the “western” people do. But there are many challenges. Starting with the education of the people, which it’s still like didactic teaching without free thinking. Secondly, the countryside is not connected to the rest of the world, internet is missing as well as structural order. Thirdly, corruption and the missing rule of law is the biggest challenge for society. There are many other fields, like the environmental policy or health care system – maybe Putin makes the state itself stronger, but on the cost of the people.

The Ukrainian case shows: If the Ukrainian people are successful, there can be a working democracy, with active people, engaged people and democratic people – this would be the biggest threat for the Putin Regime. Now he can keep society together with pressure, fear, propaganda of a “successful” foreign policy and a bit of terror. But for how long? There have been various small protests. He can put people in prison, forbid them to speak in public and weaken their organization – but the minds are free. Still, there is a possibility to change in Russia. It is only a matter of time. That’s why Europe has to help Ukraine to become a free European State. If Ukraine can make it – why not Russia? I believe in the Russian people.

 

[Die Verantworlichkeit für die Inhalte des Artikels liegt bei dem Autor. Die auf den gelinkten Seiten wiedergegebenen Meinungsäußerungen und/oder Tatsachenbehauptungen liegen in der alleinigen Verantwortung der jeweiligen Autorin oder des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung des stipendiatischen Arbeitskrieses Osteuropa der FES wider.]

Ein „Tschernobyl-Effekt“ auch in Osteuropa?

(Christopher Forst)

„Er ist vor 2 Jahren an Krebs gestorben. Er war noch jung. So wie sie. Alles wegen Tschernobyl. Jetzt erst wird das alles klar.“Diese Auskunft, die ein türkischer Tankwart in der Anfangssequenz des Films „Auf der anderen Seite“ von Fatih Akın dem Hauptdarsteller über den Sänger Kazim Koyuncu erteilt, zeigt, welche bedeutsame Rolle Tschernobyl im Bewusstsein der Menschen bis heute einnimmt.  Die Wirkung Tschernobyls auf das Grüne Bewusstsein in Osteuropa ist Thema der Arbeit.

Hausarbeit_-_Tschernobyl-Effekt_3 by FES_OstIA

Homosexualität in Osteuropa

(Kristin Kretzschmar)

Homosexualität in Osteuropa wird nicht erst seit dem russischen „Homosexuellen-Propaganda“ Gesetz in den Medien thematisiert. Bereits in früheren Jahren wurde Homophobie in der osteuropäischen Region deutlich. Zu der Thematik wurde einige allgemeine Informationan und aktuelle Medienempfehlungen zusammengestellt. Für weitere Empfehlungen kann die Kommentarfunktion verwendet werden.

Die russische Opposition setzt sich sarkastisch mit dem Thema auseinander. Darstellung des Bruderkusses in der Berliner East Side Gallery. Quelle:wikicommons, Bundesarchiv, B 145 Bild-F088809-0038 / Thurn, Joachim F. / CC-BY-SA

Hintergründe

In der Reportage „Osteuropas Konsens im Schwulenhass“ beschrieb Tibor Vogelsang 2007 ausführlich die Lage sexueller Minderheiten in Osteuropa. Besonders in Teil 3  wird sogenannte homosexuelle Propaganda thematisiert. Die Debatte sei eine Folge des defizitären Demokratie- und Menschenrechtsverständnis in der Region: „Seinen heutigen Agitatoren dient das Hirngespinst der „homosexuellen Propaganda“ zum einen dazu, das Bewusstsein für eine starke Demokratie und die individuellen Rechte des Einzelnen auszuhöhlen. Mit der ständigen Behauptung dieser angeblichen Propaganda schaffen gewissenlose oder engstirnige Politiker ein gesellschaftliches Klima, in dem gebilligt wird, Versammlungen, Aufklärungsarbeit und Organisationen zu verbieten, die sich für sexuelle Minderheiten einsetzen.“

Im Artikel „Nicht von Gott gewollt“ beschreibt Johann Osel in der Süddeutschen Zeitung Gewalt gegen Homosexuelle. Hierbei stellt er fest: „Die Grenze zwischen Westeuropa und vielen neuen EU-Mitgliedern zeigt kaum ein Thema so deutlich wie der Umgang mit Homosexualität. Während der Christopher-Street-Day und ähnliche Umzüge in westeuropäischen Großstädten längst karnevaleske Volksfeste sind, geraten sie in Osteuropa immer wieder ins Fadenkreuz neofaschistischer Randalierer.“

2007 frage Berthold Forssman in seinem Artikel Homophobie in Osteuropa inwieweit die EU homophoben Tendenzen in Osteuropa entgegenwirken könne: „Viele Homosexuelle in Osteuropa setzen große Hoffnungen auf die EU , die die Rechte von Minderheiten in allen Mitgliedsländern einfordert. Die Diskriminierung findet nicht mehr nur im Verborgenen statt, sondern wird europaweit beobachtet.“

In einer Hausarbeit stellt Miro Böhm die These auf, dass die Lebenssituation Homosexueller im engen Zusammenhang mit dem Demokratisierungsniveau des Staates, in dem sie leben, stehen. (Leseprobe auf Google)

Gesetz gegen Propaganda für Homosexualität in Russland

Folgendes Video von Euronews zeigt die Auseinandersetzungen in Moskau im Zusammenhang mit dem Gesetz.

Severin Weiland thematisiert auf Spiegel Online ein Zusammentreffen des des deutschen Außenministers Guido Westerwelle mit dem russischen Botschafter. Bei diesem Treffen seien ungewöhnlich klare Worte gefallen. Des Weiteren beschreibt er den Umgang der russischen Opposition mit dem neuen Gesetz: „Die Opposition verhilft sich mit Protesten und mit Sarkasmus – etwa dem Blick zurück in die Sowjetära unter KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew, der mit herzhaften Bruderküssen auf den Mund stets die Führer des Ostblocks begrüßte. So fragte der Duma-Abgeordnete Dmitri Gudkow jüngst: „Fällt auch der Dreifach-Kuss von Leonid Breschnew unter Propaganda?““

In einzelnen Städten wurden ähnlich Gesetzte bereits eingeführt. Hierbei war das primäre Argument Kinderschutz, so Heide Rasche im Deutschlandradio Kultur.

In einer Pressemitteilung der SPD Bundestagsfraktion bewertet Johannes Karst das neue Gesetz wie folgt: „Russland entwickelt sich damit zivilisatorisch zurück. Gleichzeitig verübt es einen klaren Affront gegen die Werte des Europarates und die Europäische Menschenrechtskonvention. Es ist kein Wunder, dass die Presse jüngst davon berichtete, wie schlecht Russlands Image inzwischen bei ausländischen Investoren ist.“

Ukraine between “Central Europe” and “The Russian World”

(Kristin Kretzschmar)

Der Historiker Dr. Andriy V. Portnov hält in diesem Semester eine Vorlesung zur Geschichte und Geschichtsdebatten in der Ukraine. Hauptfokus liegt auf dem Diskurs zum Polnisch-Russisch-Ukrainischen Dreieck, insbesondere Geschichte, Erinnerung, Literatur, Sprachpolitik und Kino.

Die Vorlesungen finden Dienstags von 18.00 bis 20.00 Uhr im Institut für Slawistik der Humboldt Universität zu Berlin im Raum 5.42 statt.

Einzeltermine

23.10. – ‘Central Europe’. The concept and its Applications. Polish visions of Ukraine
06.11. – ‘The Russian World’ in Russian and Ukrainian discourse
18.12. – Ukraine in search of its identity: language, religion, history
15.01. – The image of Poland and Russia in Ukraine
22.01. – Holodomor and the Holocaust in Ukrainian identity debates