Treffen mit VertreterInnen der Sozialdemokratischen Union Mazedoniens

(Marcel Hagedorn)

Den Ausklang des Programms in Mazedonien bildete ein Treffen der Stipendiaten mit Vertretern der Sozialdemokratischen Union Mazedoniens (maz.: Socijaldemokratski Sojuz na Makedonija, kurz: CДCM). Die Stellvertretende Parteivorsitzende Anna Pawlowska-Danewa stellte sich den durchaus kritischen Fragen. Ein weiterer Vize und die Sekretärin für Internationales waren auch zugegen, schienen jedoch nur schmuckes Beiwerk zu sein – Anna Pawlowska-Danewa gab souverän die Einleitung und antwortete auf sämtliche Fragen

VertreterInnen des stipendiatischen Abrbeitskreies Osteuropa der FES mit VertreterInnen der SDSM.

Die SDSM hat nach dem Bürgerkrieg in Mazedonien 2001 die Ohrider Rahmenvereinbarung mitunterzeichnet. Diese sah weitreichende Verfassungsänderungen vor, so eine paritätische Beteiligung der albanischen Minderheit an Kommunalverwaltungen in Gemeinden mit über 25% albanischen Einwohnern, Anerkennung ihrer Sprache als Amtssprache in diesen Gebieten und generell eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.

„It’s less perfect than on paper“, so Pawlowska-Danewa. Die Gleichstellung aller ethnischen Gruppen ist noch längst nicht abgeschlossen und wird ein zentrales Thema künftiger Regierungen sein. Dies liegt vor allem an der unterschiedlichen Auslegung des Abkommens. Albaner fordern weitere Rechte auf Grundlage des Abkommens, Mazedonier sehen es als umgesetzt an.

Die SDSM wird den mazedonischen Parteien zugeordnet, sie sieht sich selbst hingegen als multiethnische Partei. Immerhin 20% ihrer Mitglieder entstammen einer ethnischen Minderheit. Von Albanern werde sie trotzdem selten gewählt, höchstens von albanischen Akademikern und Gebildeten. Daher habe man für die kommenden Kommunalwahlen eine Zusammenarbeit mit der nationalistischen DPA beschlossen. Im zweiten Wahlgang sollen Bürgermeisterkandidaten der DPA unterstützt werden, wenn der eigene Kandidat keine Mehrheit erreicht hat. Anna Pawlowska-Danewa betonte, dies sei eine rein technische Zusammenarbeit, keine programmatische.

Das Ziel sei natürlich, irgendwann nur noch eine sozialdemokratische Kraft in Mazedonien zu haben, aber aufgrund des Wahlverhaltens der albanischen Minderheit ist dies in naher Zukunft nicht denkbar. Daran ändern auch keine albanischen Kandidaten auf SDSM-Listen, meint die Parteivize. Programme oder Initiativen, um dieses Ziel zu erreichen gibt es nicht.

Die SDSM befindet sich momentan in der Opposition. Es ist ungeschriebenes Recht, dass die Regierungskoalition aus einer der großen mazedonischen Parteien und aus eine der kleinen albanischen Parteien besteht. Seit 2008 regieren die konservative VMRO-DPMNE mit der marxistischen DUI. In dieser Rolle setzt sich die SDSM entschieden gegen das von dieser Regierung beschlossene Städtebauprogramm „Skopje 2014“, welches in Skopje in einem Umfang von 500 Millionen Euro in den Bau von Denkmälern mazedonischer Persönlichkeiten, Fassadenrenovierung und Stadtverschönerung investiert. Das Problem an Skopje 2014, so Pawlowska-Danewa, ist nicht nur, dass das Geld besser zur Armutsbekämpfung eingesetzt wäre, sondern die Stadt auch weiter spaltet. Auf der Seite der Flusses Varda, der durch Skopje fließt, in dem die mazedonische Bevölkerung in der Mehrheit ist, werden vor allem mazedonische Berühmtheiten aufgestellt – auf der albanischen Varda-Seite kleinere Monumente albanischer Helden. „If SDSM is on gouvernment after the next elections, Skopje 2014 will be stopped“, versprach sie. Dennoch ist schon ein Großteil des Geldes investiert.

Gegen das Projekt gibt es bislang keine größere Bürgerbewegung. Die Bürger befürchten, nicht ein genügend großes Echo in den beeinflussten Medien zu bekommen. Kleinere Proteste finden dienstags statt, es wird allerdings nur von den Veranstaltungen berichtet, die für das Projekt sind

Zentrale der SDSM in Skopje. Bild: Marcel Röthig

Wenn die SDSM die nächste Wahl gewinnt, will sie nicht nur Skopje 2014 stoppen, sondern auch die Korruption bekämpfen und sich für eine bessere wirtschaftliche Situation des Landes einsetzen. Außerdem will sie freie Medien ermöglichen. Ihr zentrales Ziel sei es aber, mit der DPA eine erneute Koalition zwischen VMRO-DPMNE und DUI zu verhindern. Inhalte spielen offenbar keine große Rolle in der nächsten Legislaturperiode des mazedonischen Parlaments. Zentrale Projekte oder Visionen konnte die Vize nicht nennen.

Auch ihr Konzept zur Armutsbekämpfung scheint nicht ganz ausgereift zu sein. Es sei genügend Geld vorhanden, nur falsch verteilt, so in Skopje 2014. Die Armut werde zurückgehen, wenn endlich Rechtssicherheit herrsche, die Bürokratie abgebaut werde  und sich so Investoren für Mazedonien finden. Auch die Steuereinziehung müsse effektiver gestaltet werden.

So verspricht sich die SDSM auch die Sozialhilfeleistungen ausbauen zu können.

„Das größte Problem in Mazedonien ist nicht die multiethnischen Bürger, sondern die Politiker.“ sagte ein junger Albaner. Und er scheint recht zu haben. Der Besuch wirkte mehr als geschauspielt. Die Parteivize präsentierte sich als von einer neuen, jungen Generation von Politikern entsprungen und stellte ein Wischi-Waschi-Programm ihrer Partei vor. Die SDSM gehört eben zum Establishment – die aus der ehemaligen kommunistischen Regierungspartei hervorgegangene Partei macht nicht den Eindruck, wirkliche Reformen für Mazedonien auf den Weg bringen zu wollen. Ausweichende Antworten auf kritische Nachfragen und nicht zuletzt auch die beiden Ferraris hinter der Parteizentrale in Skopje festigten diesen Eindruck.

Nach dem Besuch der SDSM scheint tatsächlich nur eine neue Partei Hoffnung für Mazedonien zu versprechen. Eine wirkliche Alternative, die ernsthaft Reformen auf den Weg bringt, vielleicht wie die Sozialdemokraten in Polen, die das Land aufbauten und auf starke Füße stellten – zum Preis der Bedeutungslosigkeit heute.