Interview mit Tijana Angjelkovska – Teil 1

(Tijana Angjelkovska; Kristin Kretzschmar)

Tijana Angjelkovska ist aus Tetovo, Mazedonien. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre in Tetovo und „Economics for Business Analysis“ in Großbritannien. Während ihres Studiums arbeitete sie als Jugendarbeiterin in lokalen NGOs zur Verbesserung der Kommunikation und dem Verständnis zwischen allen Ethnien, die in Tetovo leben. Zuletzt war sie beim Community Development Institute (CDI) in Tetovo beschäftigt. Momentan nimmt sie am Europäischen Freiwilligendienst teil und arbeitet in Prag im Bereich internationale Angelegenheiten. Nachdem sie am AK Treffen in Berlin teilgenommen hat und uns einen ersten Einblick in die Minderheitenfrage in Mazedonien gab, stimmte sie zu, weitere Fragen in einem Interview zu beantworten. Dieses Interview wird nun in drei Teilen veröffentlicht.

 Teil 1 des Interviews befasst sch mit dem Community Development Institute (CDI), für welches sie in Tetovo arbeitete, sowie den Schwächen der Ausschüsse für Interethnische Beziehungen. Der AK Osteuropa wird im Rahmen der Reise nach Mazedonienen unter anderem auch das CDI besuchen.

In Teil 2 werden Minderheiten in Mazedonien allgemein betrachtet und Teil 3 befasst sich mit Mazedoniens Beziehungen zu Nachberstaaten und Skopje 2014.

__________________________________________________________________

Kristin Kretzschmar (K.K.): Du hast für das CDI gearbeitet – was genau ist das CDI eigentlich?

Tijana Angjelkovska (T.A.): Das Community Development Institute (CDI) ist eine nicht-staatliche gemeinnützige Organisation, die auf die Verbesserung der interethnischen Verständigung und Toleranz hinarbeitet und die Stärkung der Kapazitäten der Organisationen und Einzelpersonen, sowie auf die Verbesserung der Lebensbedingungen und des Lebensstandards der Bürger in Mazedonien zum Ziel hat. Die Entwicklungen und Reformen nach dem Konflikt im Bezug auf die Dezentralisierung der Verwaltung des Landes sind auf der Grundlage des Rahmenabkommens von Ohrid getroffen wurden. Gemäß des Abkommens haben alle ethnischen Gruppen Anspruch auf eine angemessene Vertretung in öffentlichen Einrichtungen; sowohl auf lokaler als auf auch zentraler Ebene. Um die ausgewogene Vertretung zu gewährleisten und Probleme der ethnischen Minderheiten zu lösen, ist im 2002 erlassenen Gesetz über kommunale Selbstverwaltung die Einrichtung von Ausschüssen für die Interethnischen Beziehungen (Committees for Inter-Community Relations – CICR) vorgesehen. Genau auf diesen Ausschüssen, CICRs, lag in den letzten sieben Jahren der Schwerpunkt der Arbeit vom CDI.

K.K.: Wie muss man sich diese Arbeit vorstellen?

T.A.: In den Gemeinden arbeiten wir an der Verbesserung und Stärkung ihrer institutionellen Geschichte und Kapazitäten. CICRs sind ständige Beiräte der Gemeinderäte im Bezug auf interethnische Beziehungen. Die Zusammenarbeit zwischen CICRs und Gemeinderäten haben sich über die Jahre bereits verbessert. Nach den Kommunalwahlen im März 2009 resultierte aber das Fehlen von Mechanismen, um die Fortsetzung der Arbeit der CICRs in den Gemeinden zu sichern, in Diskontinuität der Aktivitäten, Intransparenz und Fehlfunktionen der CICRs.

K.K.: In welchen Beziehung stehen die CICRs zu Wahlen? Werden die Vertreter auch gewählt?

T.A.: Das Mandat der CICRs hat die gleiche Länge wie das Mandat der Vertreter im Gemeinderat. Doch da sie über keine institutionelle Geschichte verfügten, kam es nach den Wahlen zur Diskontinuität in der Funktionsweise der CICRs.

K.K.: Und diese CICRs sind in jeder Gemeinde obligatorisch?

T.A.: Diese sollen in Gemeinden eingerichtet werden, wo mindestens 20% der Bevölkerung einen anderen ethnischen Hintergrund als die Mehrheitsbevölkerung haben. Die Anzahl der Mitglieder variiert von Gemeinde zu Gemeinde, je nach Anzahl der zu vertretenden Ethnien. Aber je Ethnie gibt es immer nur einen Vertreter, der prozentuale Anteil der Ethnie wird nicht berücksichtigt. Aber, das CDI versucht neben der Arbeit an der institutionellen Verbesserung und Kontinuität der CICRs, auch Lobbyarbeit zu machen, um CICRs zwingend für jede Gemeinde zu machen, so dass selbst wenn es eine Person gibt, die einer Minderheit angehört, diese das Recht hat Bedürfnisse in die Politikgestaltung einfließen zu lassen.

K.K. Und wie sind der Fortschritte bei der Schaffung einer klaren Aufgabe und Verbesserung der Organisationsstruktur der CICRs?

T.A.: Es ist immer noch ein schwerer und langsamer Prozess. Da sich die Mandate der Mitglieder der CICRs und der Kommunalpolitiker gleich lang sind ist ein kontinuierliches Training für den Aufbau von Kapazitäten der Mitglieder und die Verbesserung der Organisationsstruktur, die das CDI organisiert, notwendig. Auch die Lobbyarbeit für die Änderungen in der Gesetzgebung in Bezug auf die CICRs ist langwierig.