Das Community Development Institute in Tetovo

(Kristin Kretzschmar)

Das  Community Development Institute in Tetovo (CDI) besteht seit nunmehr 15 Jahren und wurde durch den jetzigen Direktor Sreten Koceski gegründet. In diesem Bericht sollen die Eindrücke und Inhalte eines Treffens mit Vertretern des CDI im Oktober 2012 wiedergegeben werden.

Zunächst gab uns der Mitarbeiter Damir Neziri eine Einführung in die interethnischen Beziehungen in Mazedonien, besonders mit Blick auf die Lage in Tetovo und die Arbeit des CDI. Hierbei warf er auch die Frage auf, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen 2001 ein Bürgerkrieg oder ein Aufstand der albanischen Minderheit waren. Schon bei dieser Frage wurde deutlich, wie viel Bedeutung Terminologie in Mazedonien hat: Man spricht nicht von Minderheiten sondern von „non-majority groups“, also Nicht-Mehrheiten.

Sreten Koceski spricht über die Probleme der CICRs. Bild: Kristin Kretzschmar

Unabhängig von der genauen Bestimmung der Art der Auseinandersetzung, stellt das Jahr 2001 einen Meilenstein in der Arbeit des CDI dar. So scheint es, dass sich das CDI zuvor noch in einer Selbstfindungsphase befand. Mitte der 1990er Jahre gab es in Mazedonien kaum Erfahrungen mit Nichtregierungsorganisationen: „There was kind of an empty space and were eager to fill it and find out how it works with projects and funding.“ Während in den ersten Jahren Unterstützung von vielen Seiten kam, nimmt dies immer weiter ab. Momentan werden die Projekte des CDI unter anderem durch die FES und den Deutschen Volkshochschul-Verband unterstützt.

Danach gab uns der Gründer und Direktor des CDI Sreten Koceski einen Überblick über die aktuellen Tätigkeiten. Fokus lag in seiner Präsentation auf den sogenannten Committees for Inter-Community Relations (CICR), da sich der Arbeitskreis schon zuvor mit diesen beschäftigt hatte. Hierbei handelt es sich um ständige Beiräte der Gemeinderäte in Bezug auf interethnische Beziehungen. Die Einrichtung eben dieser ist seit 2002 verpflichtend in Gemeinden, in denen mindestens eine der Nicht-Mehrheitsgruppen einen Anteil von 20 % erreicht. Inzwischen wurden CICRs in 20 Gemeinden und Skopje eingerichtet und decken somit mehr als die Hälfte der Bevölkerung Mazedoniens ab. Die Beiräte wurden eingerichtet um den Minderheitenschutz auf der lokalen Ebene abzusichern. Lokale Entscheidungen, die die Nutzung von Sprache oder Symbolen betreffen, müssen mit den CICRs abgesprochen werden. Dies betrifft beispielsweise die Umbenennung von Straßen oder öffentlichen Einrichtungen. Die CICRs geben in diesen Fragen dann nicht-verbindliche Entscheidungen an die Gemeinderäte. Die Mitglieder der CICRs werden gewählt.

Unterschied zu den Gemeinderäten ist, dass sie eben nicht die Vertreter einer Partei oder politischen Ideologie sind, sondern Vertretern einer Ethnie. In den letzten Jahren hat sich allerdings gezeigt, dass die CICRs leider nicht dem Anspruch die Kommunikation zwischen den Ethnien zu verbessern, gerecht werden konnten. In einigen Fällen wurden die CICRs in Entscheidungen übergangen. In anderen Fällen konnten die CICRs nicht arbeiten, da kein institutionelles Gedächtnis aufgebaut wurde und die Mitglieder nicht ausreichend auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden.

Besuch des CDI. V.l.n.r.: Stefan Schneider (Praktikant der FES Skopje), Benedikt Paulowitsch, Marcel Hagedorn, Ruben Werchan, Michael Meissner, Tobias Endrich und Damir Neziri. Bild: Kristin Kretzschmar

Genau in diesen Bereichen versucht das CDI einzuspringen und bietet beispielsweise Training und Foren zum Austausch zwischen Mitgliedern der CICRs in verschiedenen Gemeinden an. Da CICRs erst verpflichtend werden wenn eine ethnische Gruppe mehr als 20% der Bevölkerung einer Gemeinde ausmacht, kam die Frage auf, warum 2011 der Zensus abgebrochen wurde. Eine endgültige Antwort darauf konnten wir nicht finden. Allerdings äußerte Damir Kritik an der „magischen Zahl“ 20. Diese sei eine „Wurzel weiterer Teilung“.

Der Anteil spiele im Zusammenleben keine Rolle, da die Rechte eines jeden Einzelnen geachtet werden müssen. „Wir sind Geißeln der Prozente. Es ist egal ob 19,9 % oder 26 % – wir müssen einen Weg finden friedlich zusammenzuleben.“ Leider ist das Alltagsleben weiterhin stark entlang ethnischer Linien geteilt. Auch wenn es gemischte Schulen gibt, heißt das nicht, dass Mazedonier gemeinsam mit Albanern in einer Klasse sitzen. Die Klassen sind weiterhin geteilt und werden teilweise sogar im Schichtsystem unterrichtet um Konflikte auf dem Schulhof zu vermeiden. Ähnliches gilt für die Nutzung der Sprache: Albaner lernen zwar Mazedonisch, aber kaum ein Mazedonier lernt Albanisch. Ältere Menschen sprechen häufig noch beide Sprachen; jüngere sehen die Sprache der jeweils anderen Ethnie oft als „enemy“.

Die unflexible 20% Lösung des Ohrider Rahmenabkommens hat die sprachliche Trennung weiter vertieft. De facto handelt es sich in Mazedonien um eine geteilte Gesellschaft, doch eine Teilung würde mit Sicherheit zu blutigen Konflikten führen. Sich dessen bewusst kommt es immer wieder zu Friedensbewegungen. Im Mai versammelten sich Bürger aus dem ganzen Land, verschiedenen Ethnien angehörig, in Skopje, um einen „March for Peace“ zu veranstalten und den Willen zum friedlichen Zusammenleben offen zu zeigen. Leider versiegen diese Bewegungen meistens sehr schnell.

Gespräch mit Vertretern der Gemeinde von Tetovo

(Marcel Röthig)

Wir trafen uns in der Gemeindeverwaltung mit Beratern des Bürgermeisters von Tetovo aus den Bereichen PR, Protokoll und Öffentlichkeitsarbeit. Die Verwaltung umfasst drei Sektoren (Kultur, Sport und Bildung; Infrastruktur sowie Steuern und Investitionen). Das Kabinett berät den Bürgermeister in ethnischen Fragen und hat eine multiethnische Zusammensetzung. Zudem gibt es einen multiethnischen Gemeinderat mit 41 Mitgliedern und einem Ausschuss für ethnische Fragen.

Der AK Osteuropa gemeinsam mit Vertretern der Gemeindeverwaltung. Bild: Tijana Angjelkovska

 

Während der Diskussion gab es Kritik am laufenden Dezentralisierungprozess, der laut den Gesprächspartnern als unvollständig und hinderlich für die Arbeit der Stadt angesehen wird. So gingen alle Steuern direkt nach Skopje und werden von dort aus umverteilt und Tetovo habe keine eigene Finanzhoheit. Zudem gäbe es keine bedarfsorientierte Verteilung derFinanzen, da alle Gemeindefinanzen gleich verteilt werden.

Weiterhin gab es Diskussionspunkte zur Integration der Roma-Minderheit, die in Tetovo 4 Prozent umfasst. Hierzu gäbe es Sensibilisierungsbemühungen an den Schulen. Besonders positiv für das multiethnische Zusammenleben wurde die Funktion des Sports gewürdigt. So gäbe es multiethnische Sportturniere und Infrastrukturprojekte zur Stärkung des Sports bewertet. Kritisiert wurde das umstrittene Projekt Skopje 2014. Hierbei wurde der Vorwurf erhoben, die Deutsche Bank würde dieses mit einem Kredit in Höhe von 800.000 Euro mitfinanzieren. Laut späterer Aussage von Botschafterin Steinacker zu diesem Punkt liegt hier ein fehlendes Verständnis der Deutschen Bank vor. Diese sei eine Geschäftsbank und keine staatliche Institution, könne also ohne politische Zustimmung jederzeit solche Kredite vergeben.

Während der Diskussion wurden zudem die Intervention der NATO und besonders die Beteiligung der Bundeswehr mit 800 Soldatinnen und Soldaten im Jahr 2001 gewürdigt und der Wunsch nach einem baldigen Beitritt Mazedoniens zu EU und NATO geäußert. Dabei wurde auch Kritik an der mazedonischen Regierung deutlich, die sich nicht ausreichend um eine euro-atlantische Integration bemühe. Zudem wurde der exklusive und nationalistische Politikstil, der die multiethnischen Spannungen gefährlich anheize, als spaltend beschrieben. Die Situation in Tetovo kann nach wie vor als kritisch betrachtet werden. Im Anschluss daran gab es auf Einladung der Gemeindeverwaltung ein Mittagessen.

 

 

 

 

 

 

 

Struga

(Christopher Forst)

Struga, die 16500 Einwohnerstadt am Ohridsee, steht oft im Schatten des nur 14 Kilometer entfernt gelegenen Ohrid. Die Stadt ist nah an der albanischen Grenze gelegen und stark albanisch geprägt. Für Touristen ist sie die preisgünstige Alternative zu Ohrid, wenngleich die Altstadt weit weniger attraktiv ist.

Ohrid See am Abend. Bild: Kristin Kretzschmar

Ein Besuch am Strand lohnt sich, der Ohridsee besticht mit seinem klaren Wasser und seiner Lage inmitten von Gebirgsketten. Abends erwacht Struga zum Leben, seine Bars und Clubs treffen jedoch nicht unbedingt den westeuropäischen Geschmack. Wie uns bei unserem Besuch versichert wurde, sind die Bewohner von Struga der Überzeugung, ihre Stadt habe gegenüber Ohrid einen entscheidenden Vorteil. Zwar gebe es in Ohrid weit mehr Sehenswürdigkeiten, einen Fluss habe jedoch nur Struga zu bieten. Tatsächlich ist ein Spaziergang am Ufer des Crni Drim entlang der Altstadtrestaurants zu empfehlen, ein Bad im Ohridsee erscheint aber deutlich verlockender.

Wie in vielen Städten Mazedoniens sind auch hier die Moschee und der Hammam, Überbleibsel aus der Herrschaftszeit der Osmanen, als Hauptsehenswürdigkeiten zu nennen. Am Marktplatz befindet sich die Kirche Sveti Gjorgji. Struga eignet sich hervorragend für einen Ausflug ins Umland. Die nicht weit entfernten Felsenkirchen haben wir leider nicht besuchen können.

Ethnisch ist Struga von einer interessanten Gemengelage geprägt. Während in der Stadt selbst die leichte Mehrheit ethnisch-mazedonisch ist, hat die Eingemeindung umliegender Dörfer dazu geführt, dass es im Verwaltungsgebiet Struga eine leichte albanische Mehrheit gibt. Der Bürgermeister ist dementsprechend ethnischer Albaner. Das Nebeneinander der beiden großen Ethnien funktioniert ähnlich wie in anderen Städten Mazedoniens. Die Universität bietet Lehrveranstaltungen in beiden Sprachen an, der Unterricht findet aber zu unterschiedlichen Zeiten statt, sodass man sich im Alltag nicht begegnet. Auch Clubs und Restaurants sind unter den Einheimischen entweder als ethnisch-mazedonisch oder als ethnisch-albanisch bekannt, wie uns erzählt wurde. Das scheinbar einzige bekennende gemischte mazedonisch-albanische Paar ist Stadtgespräch.

Gespräch mit der deutschen Botschafterin in der Republik Mazedonien, Frau Gudrun Steinacker

(Tobias Endrich)

Die folgenden Aufzeichnungen geben nicht die Meinung von Frau Steinacker oder des Autors wieder, sondern sind Ergebnis des Gespräches mit der Delegation des AK Osteuropa in Krusevo. Diskutiert wurde dabei über das interethnische Verhältnis von Mazedoniern und Albanern, das Verhältnis zu Nachbarstaaten und der EU sowie historische Bezugspunkte.

Mitglieder des stipendiatischen Arbeitskreises Osteuropa mit Gudrun Steinacker

Innerstaatliches Konfliktpotenzial und Unterschiede

Die Region des ehemaligen Jugoslawiens hat an zwei großen Erblasten zu tragen, zum einen der kommunistischen Vergangenheit, zum anderen sind die Konflikte beim Zerfall Jugoslawiens noch nicht bewältigt. Der Flüchtlingsstrom aus Kosovo Ende der 90er Jahre kann als Vorspiel für die interethnischen Spannungen 2001 bezeichnet werden. Ethnische Mazedonier fürchteten eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses, sollten die Kosovoalbaner im Land bleiben (was nur die wenigsten tatsächlich taten).

Als konstantes Problem der Region trat die schwache Wirtschaftsleistung und die hohe Arbeitslosigkeit hinzu. Die ärmste Gruppierung im mazedonischen Staat stellen die Roma dar.

Im Land leben schätzungsweise zwischen 20.000 und 80.000 Bulgaren, wobei nicht klar ist, ob diese durchgehend eine bulgarische Identität besitzen oder die Vorteile einer EU-Bürgerschaft im Vordergrund stehen.

Das Abkommen von Ohrid nach der Eskalation 2001 hat die Separierung von Albanern und ethnischen Mazedoniern im Land verstärkt. Die albanische Bevölkerung wird vor ein Identitätsproblem gestellt, nur die wenigsten sehen sich als Mazedonier. Während die der mazedonische Teil der Bevölkerung den Staat als mazedonischen Nationalstaat und die Albaner im Land somit als Minderheit begreift, fordern die Albaner die Gleichstellung als staatstragendes Volk. Von der Vorstellung eines großalbanischen Staates scheint die albanische Gesellschaft in Mazedonien, auch aus wirtschaftlichen Gründen, abgerückt zu sein. Ein weiterer Konfliktpunkt, die Besteuerung, scheint in den letzen Jahren verschwunden zu sein, indem die Bereitschaft vieler Albaner, Steuern zu zahlen, spürbar anstieg.

Ein Mittel zur Überwindung interethnischer Probleme könnte eine integrierte Bildungsstrategie sein. Diese steckt aber in den Anfängen. Das Abkommen von Ohrid ermöglicht den Albanern Unterricht in der eigenen Sprache, so dass es strikt getrennte albanische und mazedonische Klassen gibt.

Insgesamt kann ein Nebeneinander der Kulturen festgestellt werden. Dies macht sich im gesamten kulturellen Alltag bemerkbar, es gibt getrennte Fernsehsendungen und Ausstellungen. Verständnis muss durch politische und soziale Maßnahmen gefördert werden. Gerade im Kulturbereich treten bereits funktionierende Projekte kaum in der Öffentlichkeit hervor.

Die albanische Gesellschaft zeichnet sich durch starke traditionelle Werte aus, die z.T. in Konflikt mit westeuropäischen Werten stehen. Insbesondere die Stellung der Frauen und von Homosexuellen in der albanischen Gesellschaft ist schwach. Die Kinderrate der albanischen Bevölkerung liegt weit über dem europäischen, vor allem aber dem mazedonischen Durchschnitt. Der starke Bezug zur Großfamilie wird auch in der Art deutlich, wie die Einwohner der Republik Mazedonien ins Ausland gehen. Sind für die Albaner eher familiäre Bindungen vor Ort der entscheidende Faktor, geht es bei den Mazedoniern über die Qualifikationsschiene.

 

Zwischenstaatliche Beziehungen und europäische Perspektiven

Das geografische Gebiet Mazedonien wurde in den Balkankriegen zwischen Serbien ( heutige Republik Mazedonien), Bulgarien (Pirin-Mazedonien) und Griechenland (heute: Provinz Mazedonien) aufgeteilt. Im griechischen Teil Mazedoniens, das fast 2/3 der geografischen Region Mazedoniens umfasst, übte der griechische Staat bereits vor dem 2. Weltkrieg Druck auf die slawische Bevölkerung aus, was sich in Abwanderung bemerkbar machte. In der Folge eines groß angelegten und von den damaligen Regierungen gefeierten „Bevölkerungsaustausches“ Griechenlands mit der Türkei infolge des griechisch-türkischen Krieges zw. dessen Beendigung durch den Vertrag  von Lausanne  wurde die muslimische Bevölkerung Nordgriechenlands in die Türkei umgesiedelt, während über eine Million türkischer Staatsangehöriger orthodoxen Glaubens, Griechen,  die Türkei verlassen mussten. Viele von ihnen siedelten in Nordgriechenland.

Für eine Verschlechterung der Beziehungen sorgte auch der griechische Bürgerkrieg von 1948. Viele slawische Bewohner der Region Mazedonien kämpften auf Seite der Kommunisten. Nach deren Niederlage folgten neben der Flucht vieler Kommunisten, vor allem Slawen, auch weitreichende Verbote der mazedonischen Sprache in Griechenland, das slawischen Mazedoniern die Rückkehr nur unter der Bedingung erlaubte, dass diese sich als Griechen bekennen.

Auf der anderen Seite ist das Verhältnis zu Staaten mit albanischer Bevölkerung recht entspannt, zwischenstaatliche Probleme mit Albanien wurden gelöst und die Republik Mazedonien erkennt den Kosovo als Staat an.

Auch wenn der von Frau Steinacker hervorgehobene Grundgedanke der EU der ist, das gesamte Europa in Frieden zu vereinen, so ist ein baldiger Beitritt der Republik Mazedoniens nicht zu erwarten. Der Namensstreit mit Griechenland ist dabei nur eines der Hindernisse. Ein vergleichbarer politischer Wille zur schnellen Aufnahme wie bei Rumänien oder Bulgarien, für dessen Beitritt auch geostrategische Gesichtspunkte eine Rolle spielten und der von transatlantischen Bündnispartnern nach Kräften beschleunigt wurde, scheint im Moment zu fehlen.

Kritisch beantwortet wurde die Frage, ob die Bevölkerung falsche Vorstellungen an einen EU-Beitritt haben könnte, der von allen politischen Kräften im Land übereinstimmend angestrebt wird. Auf jeden Fall hat der Staat die Aufgabe, sich auch im Hinblick auf eine Annäherung für gemeinsame (europäische) Werte und die Rechte Behinderter, Frauen und Minderheiten einzusetzen. Diese gemeinsamen Werte könnten auch zur Identifizierung der Bevölkerung über die ethnischen Mazedonier hinaus mit dem Staat betragen und einen gemeinsamen Bezugsrahmen schaffen, der im Moment fehlt. Die Erwartungen an diesen Effekt dürfen aber nicht zu hoch sein. Auch ist fraglich, ob solche einenden (europäische) Werte Voraussetzung für einen Beitritt oder Folgen eines solchen sein können. Eine einfache Umgehung des Identitätsproblems durch einen EU-Beitritt ist aber sicherlich nicht möglich.

Bezüglich des Namensstreits kann nicht allein Griechenland in die Pflicht genommen werden. Die rote Linie dürfte bei der Bezeichnung der Staatsangehörigen als „Mazedonier“ und der Sprache als „mazedonisch“ liegen. Ein Kompromiss ohne einen Zusatz zu jetzigen Bezeichnung, beispielsweise Vardar-Mazedonien (der Vardar ist der wichtigste Fluss der Republik Mazedonien, der den gesamten Staat durchfließt), ist ausgeschlossen. Die Kompromissbereitschaft ist aber momentan bei allen Beteiligten eher gering.

Zwischen Griechenland und der Republik Mazedonien scheint sich aber auf gesellschaftlicher Ebene das Verhältnis durch einen zunehmenden Austausch und Tourismus zu verbessern.

Die deutsche Botschaft tritt bei Engagement ausländischer/deutscher Faktoren lediglich als Koordinator auf. Ein Beispiel für aktuelles deutsches Engagement ist ein Kredit der KfW für erneuerbare Energien. Der Beitritt der Republik Mazedonien zur EU wird grundsätzlich unterstützt, wenngleich nicht bedingungslos. Eine Einmischung in den Namensstreit verbietet sich für Deutschland schon aus dem historisch vorbelasteten Verhältnis zu Griechenland und insbesondere zum griechischen Teil Mazedoniens, für das stellvertretend  das Massaker von Chortiatis 1944 angeführt werden kann.

 

Ohrid

(Christopher Forst)

Ohrid gilt zurecht als sehenswerteste Stadt des Landes. Die Nähe zu Albanien und Griechenland sorgt zudem für eine strategisch günstige Lage, was Ohrid zum Tourismuszentrum gemacht hat. Man verfügt hier sogar über einen der beiden internationalen Flughäfen Mazedoniens.

Die 42000 Einwohnerstadt ist ebenso wie der gleichnamige See von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. Das Galicica-Gebirge östlich des Stadtgebietes ist über 2000 Meter hoch gelegen und auch Ohrid selbst befindet sich auf einer Höhe von über 700 Metern. Dies erklärt das besonders malerische Erscheinungsbild, da das Seeufer von den Gipfeln des Galicica-Gebirges umringt ist.

Blick auf den Ohrider See. Bild: Christopher Forst

Ohrid war von zentraler Bedeutung im interethnischen Konflikt von 2001, obwohl sich die Gewalt vor allem im Nordwesten Mazedoniens entlud. Hier wurde am 13. August 2001 das Rahmenabkommen von Ohrid unterzeichnet, dass die Rechte der albanischen Minderheit seitdem sicherstellt. Auch für die weit kleinere bulgarische Minderheit ist Ohrid von zentraler Bedeutung. Im Jahr 2000 gründete sich hier die bulgarische Organisation RADKO, welche 2001 verboten wurde.Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bekam RADKO 2009 Recht, die Organisation musste wieder erlaubt werden. Der mazedonische Staat ließ sie jedoch kurz danach erneut verbieten.

Aller historischen Bedeutung zum Trotz ist Ohrid bei Urlaubern vor allem wegen seiner wunderschönen Architektur, der zahlreichen Kirchen und natürlich wegen seiner Lage am See beliebt. Ein Tag am Strand bietet sich hier ebenso an wie eine Fahrt mit einem der Ausflugsboote. Als Segelrevier ist Ohrid ebenfalls bekannt. Übrigens wusste auch Tito die Vorzüge Ohrids zu schätzen. In seiner ehemaligen Villa wohnt heute der Präsident, wenn er sich in Ohrid aufhält. Das Amphitheater sollte man bei einem Besuch Ohrids ebenso wie die Festung Samuils auf keinen Fall verpassen. Von dem steilen Gässchen, dass in Richtung der Festung führt, hat man einen fantastischen Blick über den Ohridsee.

Kirche in Ohrid. Bild: Christopher Forst

Ein Besuch des Kloster Sv. Naum wird empfohlen, leider hatten wir aber nur einen kurzen Aufenthalt in Ohrid, sodass wir hiervon absehen mussten. Die klare Mehrheit der Bewohner Ohrids ist ethnisch-mazedonisch, wodurch sich die Stadt vom Nachbarort Struga klar unterscheidet. Dies findet Ausdruck in der außerordentlich hohen Anzahl orthodoxer Kirchen. Ein Vergleich zu anderen Badeorten fällt schwer, da Ohrid deutlich kleiner ist, als viele südeuropäische Tourismuszentren. Man sollte sich aber im Rahmen einer Reise nach Mazedonien auf keinen Fall einen Ausflug nach Ohrid entgehen lassen!