„Es reicht mit der Angst“ – Was Belarus*innen für Demokratie riskieren

von Elena Mühlichen

Am 9. August 2020 soll in Belarus der Präsident gewählt werden und das Land steht Kopf. Nach jahrzehntelanger politischer Unterdrückung fordern zehntausende Protestierende vor allem eines: demokratische Wahlen.

Valiantsina weiß, es kann sie treffen.

Sie geht mit anderen Belarus*innen immer wieder auf die Straße und protestiert gegen den Präsidenten des Landes und hat schon oft mit angesehen, wie dabei Menschen von der belarusischen Polizei brutal festgenommen wurden. Lange gehörte sie als politisch aktiver Mensch zu einer Minderheit im Land. Doch plötzlich gesellen sich zehntausende Stimmen zu ihrer.

Irina* ist sich ihrer Angst bewusst, die hochkommt, wenn sie sich öffentlich gegen das Regime des Präsidenten äußert. Sie lebt in Deutschland, doch für den belarusischen Geheimdienst KGB ist es einfach, ihre Familie ausfindig zu machen. Dennoch sucht sie den Kontakt zu Journalist*innen, Politiker*innen, organisiert Kundgebungen in Deutschland. Sie weiß, dass sie auch beim Wählen in der belarusischen Auslandsvertretung in Deutschland mit Einschüchterungsversuchen rechnen muss. Dennoch will sie 2020 nach vielen Jahren politischer Zurückgezogenheit das erste Mal in ihrem Leben wählen gehen.

Sie erinnert sich noch an ihre Kommilitonin, Valerija*. Diese kam eines Tages bleich und zitternd in die Klasse und erzählte von ihrer Begegnung mit dem KGB. „Du hast Glück“, sagten die Männer, die die Haustür eingetreten hatten, zu ihr als Minderjährige. Denn ihr kritischer Twitter-Post hätte sie als Volljährige ins Gefängnis bringen können. Jahrelang schwieg Valerija nach dem Vorfall. Doch jetzt, im Jahre 2020, fasst auch sie wieder Mut, sich öffentlich gegen das Regime des Präsidenten zu äußern, sogar auf die Straße zu gehen.

Olga* kam als kleines Kind mit ihrer belarusischen Familie nach Deutschland. Sie hat inzwischen einen deutschen Pass, aber sie weiß, dass sie ein Einreiseverbot in das Land, in dem noch ihre Verwandten leben, riskiert, wenn sie öffentlich den Präsidenten Lukaschenko kritisiert. Trotzdem ist sie jetzt bereit, auf die Dikatur in ihrem Land aufmerksam zu machen.

Da ist Nadja*, die aus Protest gegenüber Lukaschenko bisher nie zu Wahlen ging und ihr Heimatland für ein besseres Leben verließ. Sie will sich jetzt als Wahlbeobachterin in einer der Auslandsvertretungen in Deutschland registrieren lassen, obwohl dies mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden ist.

Und da ist Mikalaj*, der früher auf Demonstrationen vergeblich versuchte, die Verhaftung seiner Mitdemonstrant*innen zu verhindern. Jetzt, viele Jahre später schon in Deutschland etabliert, fiebert er immer noch für sein Heimatland mit und will als Freiwilliger Exit Polls am Tag der Wahlen durchführen, um den offiziellen Wahlergebnissen, die normalerweise gefälscht werden, etwas entgegensetzten zu können.

Verhaftungswelle

Im Vorfeld der anstehenden Präsidentschaftswahlen wurden dieses Jahr in Belarus schon unzählige Menschen teils gewaltsam verhaftet. Sie hatten friedlich protestiert, sie bildeten Menschenketten und klatschten. Oder bildeten absichtlich Staus und hupten. Oder veranstalteten eine Fahrradparade. Doch auch den belarusischen Regierungsbehörden war klar – dies richtet sich gegen sie. Sie führten weiterhin Menschen ab. Manche werden nach wenigen Stunden wieder entlassen, andere werden zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Statt eines Wahlkampfes betont der Präsident öffentlich die Stärke seines Militärs.

Menschen werden nicht nur zufällig verhaftet – auch Journalist*innen von oppositionellen Medienhäusern sowie von namhaften ausländischen Sendern wie BBC. Und auch die potenziellen Präsidentschaftskandidaten. Zwei vielversprechende Anwärter auf das Amt wurden direkt festgenommen. Ein anderer flüchtete zur Sicherheit nach Russland. Gleichzeitig gibt es Hunderttausende von Menschen, die vor Ort bleiben und sich trauen, auf die Straße zu gehen und sich für einen Machtwechsel einzusetzen. Viele sagen, dass sie lange genug Angst hatten.

Die Opposition ist alles andere als tot: Als einer der Präsidentschaftskandidaten verhaftet wurde, stand spontan seine Ehefrau auf und ließ sich an seiner Stelle als Kandidatin registrieren. Sie wurde von den Behörden zugelassen, denn „unsere Verfassung ist nicht für Frauen. Und unsere Gesellschaft ist nicht reif genug, um für eine Frau zu wählen. Denn unsere Verfassung verleiht dem Präsidenten eine starke Macht“, wie es der jetzige Präsident Lukaschenko sagte. Er sei sich vollkommen sicher, dass ein Mann Präsident werde. Ihren Namen – Tichanowskaja – kennt nun jeder in Belarus, denn jetzt ist sie die vielversprechendste Anwärterin auf die Präsidentschaft der Republik Belarus. Sie schloss sich mit Weronika Tsepkalo, der Ehefrau des geflüchteten Präsidentschaftsanwärters, und Maria Kolesnikowa, der Wahlkampfmanagerin des anderen festgenommenen Kandidaten zusammen. Die Veranstaltungen des Trios werden zu Zehntausenden in verschiedensten Städten des Landes besucht. Ihre Social-Media-Beiträge werden unermüdlich angesehen und geteilt. Die Belarus*innen eint ein Ziel: die sogenannte „Kakerlake“ Lukaschenko abschaffen. Sie fordern gerechte Wahlen und die Freilassung der politischen Gefangenen. Sie wollen in ihrem Land keine Angst mehr haben müssen. Sie wünschen sich auch wirtschaftlich eine bessere Zukunft für ihr Land. Manche schreiben vom „belarusischen Frühling“.

Warum eigentlich?

„Die letzte Diktatur Europas“ – während Belarus (manchmal auch „Weißrussland“) in der Vergangenheit von westeuropäischen Massenmedien regelmäßig mit der gleichen relativ trockenen Phrase beschrieben wurde, war das für die ca. 9,5 Millionen Belarus*innen harte Realität. Während Lukaschenko in seinen ersten Präsidentschaftsjahren noch für einen wirtschaftlichen Aufschwung und wenig Korruption im Land sorgen konnte, vor allem durch einen guten Öl-Deal mit Russland, nahm der Wohlstand des Landes ab, seitdem der Öl-Deal 2010 platzte. So kam es zu sehr hoher Arbeitslosigkeit, wenig Nahrungsmittelangebot und weit verbreiteter Altersarmut.

2015 erließ der Präsident das im Volksmund genannte „Schmarotzergesetz“, welches dafür sorgte, dass als arbeitslos Gemeldete eine zusätzliche Steuer zahlen mussten, anstatt Sozialhilfe (wie in Deutschland) vom Staat zu erhalten. Dagegen wehrte sich das Volk auch schon mit Protesten, sodass es später wieder aufgehoben wurde. Doch seit 2019 gibt es ein neues Gesetz, das Wohnraum und kommunale Dienstleistungen wie Warmwasser, Gas und Heizung für Arbeitslose teurer macht. Damit nicht so viele Jugendliche das Land verlassen, wurde kürzlich verboten, Informationen zum Studium im Ausland ohne Zulassung zu verbreiten. Und Lukaschenko ließ sein Volk mit der Covid-19-Pandemie allein, indem er diese als „Psychose“ abtat, Corona-Toten für ihren Lebensstil Vorwürfe machte und gegen den Virus Eishockey, Wodka und Sauna empfahl.

Politische Freiheit gab es seit der Wahl Lukaschenkos im Jahre 1994 auch nicht mehr. Denn fortan sorgte der Geheimdienst für Einschüchterung und Verhaftungen derer, die ihre Unzufriedenheit über das Regime öffentlich äußerten oder oppositionelle Initiativgruppen bildeten. Der Präsident riss auch die Kontrolle der belarusischen Medien an sich. Er fälschte Wahlergebnisse, um an der Macht zu bleiben. Und vereinzelt kam es möglicherweise auch zu politischen Morden.

Was würdest du tun, wenn du in deiner Heimat ständig aufpassen müsstest, was du sagst, du kaum Geld verdienen könntest und gegen diese Umstände auch nichts unternehmen dürftest? Auswandern? Darüber denken laut Umfragen ca. 60% der Belarus*innen nach. Und viele haben es getan. Man schätzt die belarusische Diaspora auf 2,5 bis 3 Millionen, dabei zählen die vielen nicht mit, die schon die Staatsbürgerschaft anderer Länder erhalten haben.

Gehört werden

Nun gehen auch Belarus*innen und Symphatisant*innen im Ausland, auch in Berlin, München, Frankfurt, Bremen, Hamburg auf die Straße und zeigen ihre Solidarität mit denen, die dort geblieben sind.

Die Belarus*innen, mit denen ich sprach, haben auch einen klaren Appell an den Westen Europas. Sie wünschen sich auch, dass die EU Einfluss nimmt und Lukaschenkos Menschenrechtsverletzungen anprangert. Es solle Sanktionen geben, die ihn persönlich einschränken, aber nicht dem gebeutelten Volk schaden.

Doch vor allem geht es um die europäische Öffentlichkeit. Als George Floyd in der Hand eines Polizisten starb, war die Welt entrüstet und forderte Gerechtigkeit. Wenn Belarus*innen genau solch eine Polizeigewalt erleben müssen, schweigt Europa zumeist, obwohl das Land seine Grenze mit der EU teilt. Belarus*innen wollen ihrer Stimme wieder Geltung verleihen, sie wollen auch von uns gehört werden.

Und vielleicht haben sie es schon ein Stück geschafft, denn die EU lockert zum Beispiel die Visabestimmungen für Belarus*innen, verurteilt die Repressalien Lukaschenkos gegen das eigene Volk. Deutsche Abgeordnete übernehmen Partnerschaften mit politischen Gefangenen. Und auch unsere Medien schreiben immer mehr über die bisher nie dagewesene Situation im Land.

Am 9. August 2020 sind die nächsten Präsidentschaftswahlen. Was am Wahltag und danach geschehen wird, ist ungewiss und unberechenbar. Wie weit werden die Bürger*innen gehen, um demokratische Wahlen durchzusetzen? Wie weit wird der Autokrat Lukaschenko gehen, um seine Macht zu erhalten?

Irina, Valiantsina, Nadja und Mikalaj und viele Belarus*innen mit ihnen werden zum ersten Mal seit Jahren wieder wählen gehen, denn diesmal gibt es die Hoffnung, dass ihre Stimme etwas bewirken kann. Das belarusische Volk hat wieder angefangen, an sich selbst zu glauben.

*Namen geändert

Why Russia said ‘Good Bye’ to Ukraine

(Christian Hörbelt)

The Russian attack, the annexation of the Crimea is the Russian way to say `good bye` to Ukraine. After the Maidan protest in 2014 the Russian government understood: Those people, the Ukrainian people, are not any more controllable – they left the Russian way of living. It is true. Ukrainians had two so-called revolutions: The Orange one in 2004 did not bring the change the people wished for. However, the Russian government was able to install one of them instead, Janukowitsch. He empowered his family members and built up a harsh clan structure, based on corruption and feudalism. The Ukrainians rebelled again against the political elite, but this time in such a brutal and long-winded way that the former president Janukowitsch had to flee from them. Russia just used the moment of destabilization of Ukraine to conquer Crimea – it was the Russian window of opportunity, and the professional way of annexing the region showed that it was probably planned well in advance. Contrasting to the hybrid war in the east, Russia just wanted to weaken the Ukrainian state, mobilizing his own people against Ukrainians, to stay behind Janukowitsch and his regime. It is crazy: But the plan of Putin worked. Even the sanctions from the EU and USA are not bringing the wishful change. The promised effect that it would put some pressure on the Putin regime backfired: More and more Russians are staying behind Putin and his followers. Putin is playing like a chess player. Even though the loss of Ukraine is as painful as to lose the Queen figure, he managed to get the most benefits from this situation. And it should be noted: Russian foreign politics are always interim politics too. The Putin Regime uses the foreign affairs to actively promote their own goals within Russia.

His benefits of the Ukrainian crises are:

  • Annexation of Crimea.
  • Strengthening his regime within Russia.
  • Strengthening his position as “no alternative to this guy”.
  • Weaken European Integration process.
  • Controlling “frozen conflict”, which means influence in Ukraine.
  • Re-installing a somewhat global role in international relations.

To sum up: The Putin Regime is making profit, but not to the Russian people or the state. However, what Russia did to Ukraine was a weird and painful good bye kiss. The Putin Regime understood quite clearly, that the Ukrainians are not one of them anymore, of the closed society, of the enslaved society. The Ukrainian people are not under Russian influence anymore – they lost it with the insane Janukowitsch. At least, it was just a question of time. The influence of western society, the wish to change and the uprising Ukrainian identity was like a shot in the neck for the Russian cultural dominance in this region. Russia said good bye, took the prestige fillet Crimea and hurt the country, so that the EU and the USA have to pay a high price for a free Ukraine.

Russia is a closed society

I had the chance to talk with politicians, activists and of course normal people. To safeguard my sources of information I will use no names, only titles – unfortunately, the situation in Russia gives me no other option. He who is against the mainstream is against Russia. He who is against Putin is against Russia. He who is against the political decisions is against Russia. The answers you get are totally weird when you ask the people about Putin and his regime. Here is a typical conversation:

I: “Do you like Putin?”

Russian: “Yes, he is making us strong! We are surrounded by the NATO, the USA wants to weaken us. It is good that he brought back Crimea. He takes care that we get a good life.”

I: “But he is stealing your oil, gas and everything. He is not fighting against corruption. Where does he make you stronger? Is your income raising?”

Russian: “Ok, maybe he is not perfect. But it was always like this. What should we change? Putin is nowadays the best option of the worst.”

I: “So, your life is not better. You have no legal safety, the police is doing what it wants. The health system is smashed. Where are you strong?”

Russian: “I know, here are many problems. But Putin is making us stronger. He is not the only solution to all the world’s problems. We are strong again.”

I: “But you are not strong! Where is your individual wish to have a better life?”

It continues something like this: next to Putin there is no alternative. But no Russian put a question mark why there is no other option.

The Professor and the Opposition: They call him Liberast

I talked with a professor from the Federal Ural University. He is teaching Journalism history and has a real critical point of view about many Russian politics: “I am telling my students: Do not work in this media business. There is no way to work as a free journalist.” He remembers the murdered journalists like Anna Politkowskaja or the most popular politician of the opposition Boris Nemzow. The list of those who died in mysterious circumstances is long. Most of the cases where never solved. The German NGO “Reporter ohne Grenzen” puts Russia at 152 of 180, in the free press ranking. “There is no environment for critical thinkers. The government silenced them, puts such a pressure that they stop to work, flee out of the country or in the worst cases kills them.” The professor has his life in danger, because he is a public person. He is writing statements in Nowaja Gazeta and other media, holding speeches against the regime and – most dangerous – says what he thinks in public life. “Strangers are blaming me in the internet and in public as “Liberast”.” Liberast – it is a fantasy word, a mix from the Russian word Liberal and Pederast. People are blamed as liberast when they are promoting European values – or when they are against the Russian Regime, against Russian decisions and thus against the Russian people. Also it is a mix of homophobia (pederast are handled as gays) and nationalism in a pro authoritarian system with “clear values” against “universal values and human rights”.

Opposition activity can destroy lives

Also for people who are active in politics, even locally, living is dangerous. One of them is active since the 1990s and he says that the pressure was never so high like nowadays. “I lost already three jobs because of my political activities. Me and my party members want to give another option”, the opposition-politician says. He was a former manager in a big company, but had to leave the company after the state controller found some particular mismatches, which did not existed: “My boss tried to hold me, but the pressure increased from month to month. So, he asked me to leave”, and he had to find another job. “But also when we are having meetings, the police comes and gives us random fines.” So, when they had a meeting, inside of a building, a stranger crossed a red traffic light near the place, the police blame the meeting organization for this, saying the organizer has to keep order – he had to pay 20.000 Rubles, or go to court, to a hearing he can only lose. “It costs not only a lot of money, it can also bring someone into prison if you have some fines. They do not kill us directly, but they try to destroy us slowly.” The opposition-politician looks in my eyes and I caught a moment of fear, but the next moment he adds: “But no, I have to fight. I have now enough financial freedom because of the flats I own. I have to do it for my kids, the next generation”, and then he had to go, to another political meeting.

Shall they swim against or with the current?

Also for people who are not living in a mainstream way, as for example a lesbian group in St. Petersburg, their way of living is more and more restricted, especially after the “law against homosexual propaganda”. “If we are kissing in public, behaving like a couple, people not only look at us: they attack us with words I do not want to repeat”, one of them says, with short blond hair. “But we do not care. Nobody needs to tell us how to live, how to behave.” But they have to nod when I asked if the pressure rose since the Ukraine conflict. “Yep, we have more and more fear to be victims of some crazy guys.” However, the situation seems to be not as cruel as to feeling that someone would kill them, but more like this: He who is not marching with the mass is trampled by it. An example named Gulag Perm-36 can be used. It is located just one hour away of the city Perm. The museum was for a long time managed by the organization Memorandum, one of the last bastille of a free Russian civil society. The Russian state made so many harsh measures against the museum and its managers that they had to give up. Nowadays it’s the state managing this special museum. It is the last standing Gulag, open for the public. Perm-36 was a part of the then preferred terror system, which chose randomly who would be chopped up. Such a gulag system was established under Lenin, used by Stalin for his so-called “industrialization” or in another words to be used as slavery camps. Stalin also created the myth, that without those gulags the war had not been won. In the Soviet Union till the late 1980s there was still slavery in the normal prisons for the wood industry. However in Russia, there was never something like a critical review of the history like the Germans did. Memorandum tried to show to normal people the real face of the gulag system, that it destroyed life, that is was a tool of the authoritarian rulers, that Stalin was a bad man. Nowadays, the state is retelling the history: No, this gulag system was really useful, it contributed to the victory – the positive is higher than the negative.

Russians want to empower themselves: Minorities are again in danger

“There is a brain drain. So many young and intelligent people are fleeing out of Russia”, claims the professor, showing some statistics. And the brain drain is real: Not only are intellectuals leaving the country, but also more and more “businessmen”. “Russia gives no space for a safe law process or a legal frame. There is no judicial safety”, says one young lawyer of tatarian origin from Kazan. He works mostly with cases between companies, where the corruption scale is not that high, but still present. “If you want something, you can buy it always. It depends on your pocket. Especially in private law. It is a mess”, he says and adds, that the situation became worse and worse. The climate is not pro-investments. Also before the sanctions where enforced, the investment climate was declining. “Russia is not a free country”, the lawyer says and stresses that this is especially for all of those, who are not pure Russians. “I am a Tatar. But I am also a Russian. But I look like a pure Tartar. I am practicing my Muslim tradition and religion.”

No democracy without democrats?

Russia is on a wrong path. Putin is not making Russia stronger. He weakens the nation, every day by putting journalists in prison and by not fighting corruption. He is fighting against democracy. The Russian people can be democrats. There were also democratic movements before the Revolution of 1917 started, but were brutally smashed by Lenin and his so-called comrades. The history of Russia would have been totally different if Lenin never came to power. But Russia is now for more than four generations in a soviet system, and before that it was only a feudalistic society. The Russian people haven’t yet have a clear chance to live the European values and to live like Europeans. For me they are Europeans, but without the possibilities to live like the “western” people do. But there are many challenges. Starting with the education of the people, which it’s still like didactic teaching without free thinking. Secondly, the countryside is not connected to the rest of the world, internet is missing as well as structural order. Thirdly, corruption and the missing rule of law is the biggest challenge for society. There are many other fields, like the environmental policy or health care system – maybe Putin makes the state itself stronger, but on the cost of the people.

The Ukrainian case shows: If the Ukrainian people are successful, there can be a working democracy, with active people, engaged people and democratic people – this would be the biggest threat for the Putin Regime. Now he can keep society together with pressure, fear, propaganda of a “successful” foreign policy and a bit of terror. But for how long? There have been various small protests. He can put people in prison, forbid them to speak in public and weaken their organization – but the minds are free. Still, there is a possibility to change in Russia. It is only a matter of time. That’s why Europe has to help Ukraine to become a free European State. If Ukraine can make it – why not Russia? I believe in the Russian people.

 

[Die Verantworlichkeit für die Inhalte des Artikels liegt bei dem Autor. Die auf den gelinkten Seiten wiedergegebenen Meinungsäußerungen und/oder Tatsachenbehauptungen liegen in der alleinigen Verantwortung der jeweiligen Autorin oder des jeweiligen Autors und spiegeln nicht die Meinung des stipendiatischen Arbeitskrieses Osteuropa der FES wider.]

Minderheiten in Mazedonien – Teil 2 des Interviews mit Tijana Angjelkovska

(Tijana Angjelkovska, Kristin Kretzschmar)

Tijana Angjelkovska ist aus Tetovo, Mazedonien. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre in Tetovo und „Economics for Business Analysis“ in Großbritannien. Nachdem sie am AK Treffen in Berlin teilgenommen hat und uns einen ersten Einblick in die Minderheitenfrage in Mazedonien gab, stimmte sie zu, weitere Fragen in einem Interview zu beantworten. Dieses Interview wird nun in drei Teilen veröffentlicht.

In Teil 2 des Interviews mit Tijana Angjelkovska befassen wir uns mit Minderheiten in Mazedonien. Was sind Minderheiten in Mazedonienen und wie ist die Lage der Roma?

Zur Erinnerung: Teil 1 befasste sich mit dem Community Devedlopment Institute und den sogenannten CICRs. In Teil 3 werden wir über Beziehungen zu Nachbarstaaten und Skopje 2014 sprechen.

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Kristin Kretzschmar: Wenn Du über Minderheiten in Mazedonien sprichst, geht es ja meistens um jene größeren Gruppen wie Albaner und Mazedonier …

Tijana Angjelkovska: Ja, das ist so eine Sache. In Mazedonien sind in der Regel die Albaner die größte Bevölkerungsgruppe. In anderen Teilen sind es die Mazedonier. Beide gelten aber als Minderheit. Alle weiteren Minderheiten – in Mazedonien leben Serben, Roma, Türken, Torbeshi, Vlafs und andere kleinere Ethnien – werden oft beiseite gelassen. In der Regel besteht nur an den größten Gruppen Interesse. Aber die Vertretung der Bedürfnisse und Rechte der Minderheiten ist ein Teil der Menschenrechte. Daher müssen wir sicherstellen, dass jeder die gleichen Rechte hat. Die Vertretung der Bedürfnisse und Probleme der Minderheiten gegenüber der Entscheidungsträger, ist einer der Hauptgründe dafür, dass CIRCs bestehen

KK: Und die kleineren Minderheiten bleiben im Gesetzgebungsprozess gewissermaßen außen vor?

TA: In der Regel werden sie nicht gezwungen, sich zu assimilieren; da aber ihre Rechte und Bedürfnisse als kleine Minderheit nicht zufrieden gestellt werden, assimilieren sie sich oft automatisch in die größeren Gruppen. Besonderes Westmazedonien ist eine problematische Region, wo wir viele Minderheiten haben. Jeder Mensch fühlt sich dort als Minderheit und jeder meint, seine Freiheiten und Rechte seien eingeschränkt. Und auch für mich war es am Anfang recht seltsam mich an die Idee zu gewöhnen, dass ich zur mazedonischen Minderheit in Mazedonien gehöre. Das sind Prozesse, die Zeit brauchen. Mazedonier, sowie Albaner oder Türken oder Serben – sie alle sind echte Minderheiten an einem gewissen Punkt. Aber es ist schwer zu sagen, wer „die wahre Minderheit“ ist. Wenn Du in Westmazedonien schaust sind eben die Mazedonier die Minderheit…

K.K.: Zahlenmäßig…?

TA: – und im Bezug darauf, wie sie im öffentlichen Leben vertreten sind und wie die Region strukturiert ist. Wir haben gewissermaßen eine „Prozent“ Demokratie – es wird versucht mit quantitativen Maßnahmen Fragen der Repräsentation zu befriedigen.

KK: Ok, und wie ist die Lage der Roma in Mazedonien?

TA: Eigentlich, denke ich, dass Roma in Mazedonien die besten Bedingungen in Europa vorfinden. Momentan arbeiten wir an der Umsetzung verschiedener Programme im Rahmen der Roma-Dekade 2005/2015. Ziel sind Verbesserungen der Vertretung der Roma im öffentlichen Leben. Außerdem gibt es neue Gesetzen, beispielsweise Schulpflicht und sie sind durchaus im gesamten System integriert. In der Tat ist Mazedonien das erste Land in der Region mit einem Minister der Roma-Ethnie und hat auch viele Roma in hohen Regierungsstellen vertreten. Mazedonien gibt sich große Mühe, sie auf höheren Ebenen zu integrieren. Es gibt aber immer noch eine Menge, was in den Bereichen Bildung und Integration getan werden muss.

KK: Die Situation in Shutka, die größte Roma-Gemeinschaft in Europa und Teil Skopjes, wird noch immer von sozialen Problemen definiert, nicht wahr?

TA: Suto Orizari ist weltweit die einzige Gemeinde mit einer Roma-Mehrheit und Roma als Amtssprache. Doch wie gesagt es gibt viele Dinge und Bereichen, die sich verbessern müssten, zum Beispiel Arbeitslosigkeit durch unzureichende Bildung. Das Bildungsniveau der Roma-Bevölkerung ist unbefriedigend, und das führt zu Armut und Integrationsproblemen. Auch die nicht regulierte Frage der Staatsbürgerschaft verhindert gleiche Teilhabe am Bildungssystem. Hinzukommen unzureichende Kenntnisse der mazedonischen Sprache.

Behausung ist auch ein Problem. Zum Beispiel gibt es Familien in Suto Orizari, die in winzigen Räumen leben ohne Elektrizität oder Wasser. Und all das führt zu dem größten Problem: das Gesundheitssystem. Das niedrige Bildungsniveau und Lebensstandard auf der einen Seite, und die medizinischen Kosten auf der anderen schließt die Roma-Bevölkerung vom Zugang zur Krankenversicherung und primären medizinischen Leistungen aus.

Kazakhstan: The Myth of Stability

(Liana Fix)

The 16th of December was meant to be a jubilant day in Kazakhstan. Parallel to the unveiling of a Paris-style triumphal arch in Astana, all major cities celebrated the 20th anniversary of Kazakhstan’s independence. But in Zhanaozen, a small town in the oil-rich Western province of Mangystau, the festivities turned into tragedy. An unresolved conflict about higher wages between the state-owned oil company KazMunayGas and striking oil workers escalated.

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The Myth of Stability

Gedenken an Vaclav Havel

(Kristin Kretzschmar)

Dissident und Präsident, Schriftsteller und moralische Führungsrolle. Dies ist nur ein Teil von dem, was Tschechen mit Vaclav Havel verbinden. Viele haben Erinnerungen oder Geschichten, die in direkter Verbindung zu Havels Person oder seinem Wirken stehen. Seit seinem Tod am Sonntag (18.12.2011) tauschen sie sich über diese Erinnerungen aus und gedenken einer großen Persönlichkeit. Aus diesem Anlass werden auch hier verschiedene Gedanken und Erinnerungen lose zusammengefasst.

Schon am Sonntag kurz nach Bekanntwerden des Todes, wurden in verschiedenen sozialen Netzwerken zu  Treffen und Andachten an zentralen Plätzen der Samtenen Revolution aufgerufen. Zum entsprechenden Facebook  Aufruf meldeten sich mehr als 800 Teilnehmer an. Tatsächlich waren es mehr.  Dieses Video stellt die Atmosphäre  in der Stadt am Sonntagabend dar.

2009 erhielt Vaclav Havel den Internationalen Demokratiepreis. In der Rede anlässlich der Verleihung, äußerte sich der damalige  Außenminister Frank Walter Steinmeier wie folgt: Er steht wie kaum ein anderer für den Geist, der 1989 geprägt hat: unerschrockener Bürgersinn, Glaube an das befreiende Wort, eine gesamteuropäische Perspektive, die Ideologien, Blöcke und Mauern sprengt.“ Und weiter Und wir spürten, dass dort im Osten die Stimme der Demokratie und der Freiheit mit neuer Kraft und Frische erklang. Eine Stimme der Demokratie und der Freiheit, die in kaum jemandem einen klareren Ausdruck fand als in Ihnen, lieber Vaclav Havel.“

Laut Auswärtigen Amt würdigte Westerwelle Havel mit folgenden Worten: „Wir trauern um einen großen Europäer, einen Wegbereiter der europäischen Wiedervereinigung, einen großen Staatsmann und einen bedeutenden Bürgerrechtler. Wir Deutschen haben Václav Havel viel zu verdanken.“

Die Frankfurter Allgemeine kommentiert seine Haltung zu Politik und seine Aufstieg wie folgt: „ Politik definierte er als ‚Moral in Aktion‘, als ‚die Kunst, sich selbst und die Welt besser zu machen‘. Die platonische Auffassung der Wahrheit als Staatszweck ordnete er ein in die ‚Tradition von Kyrill und Method über Hus bis zu Masarýk, Stefaník und Patočka‘. In den Augen der Tschechen schloss sich ein Kreis: auf den ‚Philosophen-Präsidenten‘ Masarýk am Anfang des Jahrhunderts folgte der ‚Schriftsteller-Präsident‘ Havel an seinem Ende.“

Laut News24 ehrte Obama Havel mit folgenden Worten; „Having encountered many setbacks, Havel lived with a spirit of hope, which he defined as ‚the ability to work for something because it is good, not just because it stands a chance to succeed‘.“ Verschiedene Quellen vermuten, dass Obama zur Beisetzung am Freitag (23.12.2011) anreisen wird.

Schon in der Vergangenheit hat ein bestimmtes Zitat Havels vielen Trauernden über ihren Schmerz hinweg geholfen (So wurde es beispielsweise in der Traueranzeige Robert Enkes verwendet): „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht„. Nun hilft es auch denen, die um Havel trauern.