(Tobias Endrich)
Die tschechische Regierung möchte ein neues Gesetz über die Staatsbürgerschaft verabschieden lassen. Der Entwurf der Regierung vom Oktober 2012 ist nun nach drei Lesungen im Abgeordnetenhaus und Auschussberatungen vom Senat zur endgültigen Beschlussfassung an die Abgeordneten zurückverwiesen worden.
Ein vereinfachtes Verfahren für den Erwerb, wie es bisher für Bürger der Slowakei galt, soll laut Entwurf auch für alle EU-Bürger gelten. Miteinbezogen werden auch Bürger der Schweiz und anderer Drittstaaten. Insbesondere wird der Kreis der Personen erweitert, die die Staatsbürgerschaft durch einfache Erklärung erhalten können. Das Entstehen von doppelter Staatsbürgerschaft bei Erwerb einer anderen als der tschechischen wird vom Entwurf nicht verhindert. Auch soll endgültig der Erwerb der Staatsbürgerschaft im Zusammenhang mit dem Untergang der Tschechoslowakischen föderativen Republik und der Gründung der Tschechischen Republik geklärt werden.
Der Senat hat den Entwurf mit zwei Änderungswünschen an die Abgeordnetenkammer zurückverwiesen:
Die Möglichkeit, ohne Kenntnisse der tschechischen Sprache und über Grundlagen des tschechischen Staatswesen sowie der Kultur, Geschichte und Erdkunde die Staatsbürgerschaft zu erhalten soll gestrichen werden. Der ursprüngliche Entwurf sah Erleichterungen z.B. für Personen vor, die mindestens 3 Jahre in Tschechien auf Tschechisch eine Mittel- oder Hochschule besucht haben.
Viel interessanter aber: der ursprüngliche Entwurf sieht vor, dass die Entscheidung über die Staatsbürgerschaft nicht gerichtlich überprüft werden kann.
Der Senat fordert nun, dass die Ablehnung aus Gründen von Sicherheitsgefahren für den Staat durch Gerichte überprüfbar bleibt. Dafür schlägt er ein Verfahren vor, das einen Ausgleich zwischen Geheimhaltungsinteressen und gerichtlicher Kontrolle sucht.
Einen solch wichtigen Teil der Tätigkeit der Exekutive von der Möglichkeit gerichtlicher Kontrolle auszunehmen, wie es der Regierungsentwurf vorsah, ist bereits für sich genommen heikel. Öffentlicher Protest wurde aber insbesondere im Zusammenhang mit Stellungnahmen des Geheimdienstes laut. Diese Stellungnahmen haben, soweit dies überhaupt von außen zu beurteilen ist, großen Einfluss auf die Entscheidung über die Erteilung der Staatsbürgerschaft. Ihre Einholung und Beachtung wird vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Sollte es sich um geheime Informationen handeln, wird die Stellungnahme nicht Teil der Bearbeitungsakte. Im Fall von Sicherheitsgefahren für den Staat ist laut Gesetzesentwurf keine Begründung notwendig – es reicht der Vermerk, dass der Antrag aus Gründen der Staatssicherheit abgelehnt wurde. Für viele Beobachter ungeklärt ist, ob diese Einflussmöglichkeit des Geheimdienstes als Druckmittel bei der Gewinnung von Informanten in Einwandererkreisen genutzt wurde oder werden wird.
Das Abgeordnetenhaus berät in der heute beginnenden Sitzung abschließend über das Gesetz.