Wie konnte in einem so genannten Vielvölkerstaat, der bis dahin von friedlichem Zusammenleben geprägt war, derart plötzlich ein grausamer Bürgerkrieg ausbrechen, in dem Nachbarn sich gegenseitig folterten und töteten? Ein Erklärungsansatz von Hannah Brodersen.
Das Community Development Institute in Tetovo (CDI) besteht seit nunmehr 15 Jahren und wurde durch den jetzigen Direktor Sreten Koceski gegründet. In diesem Bericht sollen die Eindrücke und Inhalte eines Treffens mit Vertretern des CDI im Oktober 2012 wiedergegeben werden.
Zunächst gab uns der Mitarbeiter Damir Neziri eine Einführung in die interethnischen Beziehungen in Mazedonien, besonders mit Blick auf die Lage in Tetovo und die Arbeit des CDI. Hierbei warf er auch die Frage auf, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen 2001 ein Bürgerkrieg oder ein Aufstand der albanischen Minderheit waren. Schon bei dieser Frage wurde deutlich, wie viel Bedeutung Terminologie in Mazedonien hat: Man spricht nicht von Minderheiten sondern von „non-majority groups“, also Nicht-Mehrheiten.
Unabhängig von der genauen Bestimmung der Art der Auseinandersetzung, stellt das Jahr 2001 einen Meilenstein in der Arbeit des CDI dar. So scheint es, dass sich das CDI zuvor noch in einer Selbstfindungsphase befand. Mitte der 1990er Jahre gab es in Mazedonien kaum Erfahrungen mit Nichtregierungsorganisationen: „There was kind of an empty space and were eager to fill it and find out how it works with projects and funding.“ Während in den ersten Jahren Unterstützung von vielen Seiten kam, nimmt dies immer weiter ab. Momentan werden die Projekte des CDI unter anderem durch die FES und den Deutschen Volkshochschul-Verband unterstützt.
Danach gab uns der Gründer und Direktor des CDI Sreten Koceski einen Überblick über die aktuellen Tätigkeiten. Fokus lag in seiner Präsentation auf den sogenannten Committees for Inter-Community Relations (CICR), da sich der Arbeitskreis schon zuvor mit diesen beschäftigt hatte. Hierbei handelt es sich um ständige Beiräte der Gemeinderäte in Bezug auf interethnische Beziehungen. Die Einrichtung eben dieser ist seit 2002 verpflichtend in Gemeinden, in denen mindestens eine der Nicht-Mehrheitsgruppen einen Anteil von 20 % erreicht. Inzwischen wurden CICRs in 20 Gemeinden und Skopje eingerichtet und decken somit mehr als die Hälfte der Bevölkerung Mazedoniens ab. Die Beiräte wurden eingerichtet um den Minderheitenschutz auf der lokalen Ebene abzusichern. Lokale Entscheidungen, die die Nutzung von Sprache oder Symbolen betreffen, müssen mit den CICRs abgesprochen werden. Dies betrifft beispielsweise die Umbenennung von Straßen oder öffentlichen Einrichtungen. Die CICRs geben in diesen Fragen dann nicht-verbindliche Entscheidungen an die Gemeinderäte. Die Mitglieder der CICRs werden gewählt.
Unterschied zu den Gemeinderäten ist, dass sie eben nicht die Vertreter einer Partei oder politischen Ideologie sind, sondern Vertretern einer Ethnie. In den letzten Jahren hat sich allerdings gezeigt, dass die CICRs leider nicht dem Anspruch die Kommunikation zwischen den Ethnien zu verbessern, gerecht werden konnten. In einigen Fällen wurden die CICRs in Entscheidungen übergangen. In anderen Fällen konnten die CICRs nicht arbeiten, da kein institutionelles Gedächtnis aufgebaut wurde und die Mitglieder nicht ausreichend auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden.
Genau in diesen Bereichen versucht das CDI einzuspringen und bietet beispielsweise Training und Foren zum Austausch zwischen Mitgliedern der CICRs in verschiedenen Gemeinden an. Da CICRs erst verpflichtend werden wenn eine ethnische Gruppe mehr als 20% der Bevölkerung einer Gemeinde ausmacht, kam die Frage auf, warum 2011 der Zensus abgebrochen wurde. Eine endgültige Antwort darauf konnten wir nicht finden. Allerdings äußerte Damir Kritik an der „magischen Zahl“ 20. Diese sei eine „Wurzel weiterer Teilung“.
Der Anteil spiele im Zusammenleben keine Rolle, da die Rechte eines jeden Einzelnen geachtet werden müssen. „Wir sind Geißeln der Prozente. Es ist egal ob 19,9 % oder 26 % – wir müssen einen Weg finden friedlich zusammenzuleben.“ Leider ist das Alltagsleben weiterhin stark entlang ethnischer Linien geteilt. Auch wenn es gemischte Schulen gibt, heißt das nicht, dass Mazedonier gemeinsam mit Albanern in einer Klasse sitzen. Die Klassen sind weiterhin geteilt und werden teilweise sogar im Schichtsystem unterrichtet um Konflikte auf dem Schulhof zu vermeiden. Ähnliches gilt für die Nutzung der Sprache: Albaner lernen zwar Mazedonisch, aber kaum ein Mazedonier lernt Albanisch. Ältere Menschen sprechen häufig noch beide Sprachen; jüngere sehen die Sprache der jeweils anderen Ethnie oft als „enemy“.
Die unflexible 20% Lösung des Ohrider Rahmenabkommens hat die sprachliche Trennung weiter vertieft. De facto handelt es sich in Mazedonien um eine geteilte Gesellschaft, doch eine Teilung würde mit Sicherheit zu blutigen Konflikten führen. Sich dessen bewusst kommt es immer wieder zu Friedensbewegungen. Im Mai versammelten sich Bürger aus dem ganzen Land, verschiedenen Ethnien angehörig, in Skopje, um einen „March for Peace“ zu veranstalten und den Willen zum friedlichen Zusammenleben offen zu zeigen. Leider versiegen diese Bewegungen meistens sehr schnell.
Folgende Seminararbeit, welche ich im Rahmen eines Seminars an der Karls Universität in Prag verfasste, stellt die Frage nach den russischen Interessen im Transistrien Konflikt. In der westeuropäischen Wahrnehmung spielt der 20-jährige Sezessionskonflikt in der Republik Moldau wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. In Russland sieht das anders aus, wie schon die Bezeichnung „nahes Ausland“ vermuten lässt.
Basierend auf einer historischen Betrachtung der Konfliktursachen werden in dieser Seminararbeit die Interessen der beteiligten Akteure aufgezeigt.
Ohrid gilt zurecht als sehenswerteste Stadt des Landes. Die Nähe zu Albanien und Griechenland sorgt zudem für eine strategisch günstige Lage, was Ohrid zum Tourismuszentrum gemacht hat. Man verfügt hier sogar über einen der beiden internationalen Flughäfen Mazedoniens.
Die 42000 Einwohnerstadt ist ebenso wie der gleichnamige See von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. Das Galicica-Gebirge östlich des Stadtgebietes ist über 2000 Meter hoch gelegen und auch Ohrid selbst befindet sich auf einer Höhe von über 700 Metern. Dies erklärt das besonders malerische Erscheinungsbild, da das Seeufer von den Gipfeln des Galicica-Gebirges umringt ist.
Ohrid war von zentraler Bedeutung im interethnischen Konflikt von 2001, obwohl sich die Gewalt vor allem im Nordwesten Mazedoniens entlud. Hier wurde am 13. August 2001 das Rahmenabkommen von Ohrid unterzeichnet, dass die Rechte der albanischen Minderheit seitdem sicherstellt. Auch für die weit kleinere bulgarische Minderheit ist Ohrid von zentraler Bedeutung. Im Jahr 2000 gründete sich hier die bulgarische Organisation RADKO, welche 2001 verboten wurde.Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bekam RADKO 2009 Recht, die Organisation musste wieder erlaubt werden. Der mazedonische Staat ließ sie jedoch kurz danach erneut verbieten.
Aller historischen Bedeutung zum Trotz ist Ohrid bei Urlaubern vor allem wegen seiner wunderschönen Architektur, der zahlreichen Kirchen und natürlich wegen seiner Lage am See beliebt. Ein Tag am Strand bietet sich hier ebenso an wie eine Fahrt mit einem der Ausflugsboote. Als Segelrevier ist Ohrid ebenfalls bekannt. Übrigens wusste auch Tito die Vorzüge Ohrids zu schätzen. In seiner ehemaligen Villa wohnt heute der Präsident, wenn er sich in Ohrid aufhält. Das Amphitheater sollte man bei einem Besuch Ohrids ebenso wie die Festung Samuils auf keinen Fall verpassen. Von dem steilen Gässchen, dass in Richtung der Festung führt, hat man einen fantastischen Blick über den Ohridsee.
Ein Besuch des Kloster Sv. Naum wird empfohlen, leider hatten wir aber nur einen kurzen Aufenthalt in Ohrid, sodass wir hiervon absehen mussten. Die klare Mehrheit der Bewohner Ohrids ist ethnisch-mazedonisch, wodurch sich die Stadt vom Nachbarort Struga klar unterscheidet. Dies findet Ausdruck in der außerordentlich hohen Anzahl orthodoxer Kirchen. Ein Vergleich zu anderen Badeorten fällt schwer, da Ohrid deutlich kleiner ist, als viele südeuropäische Tourismuszentren. Man sollte sich aber im Rahmen einer Reise nach Mazedonien auf keinen Fall einen Ausflug nach Ohrid entgehen lassen!
EU-Politik (in den 90ern stark auf die Stabilität der Balkan-Länder fokussiert) benannte
Nationalismus, ethnische Feindschaften, soziale Ungleichheiten und Verletzungen der
Menschenrechte als zentrale Ursachen für die Konflikte auf dem Balkan.
EU-Intervention in Mazedonien 2001 und Implementierung sowohl von Strategien und
Maßnahmen zur Konfliktprävention als auch zur Friedensbildung.
Das ‚Stabilization and Association Agreement‘ (SAA) von 2001 zwischen der EU und
Mazedonien wurde in den ‚Stabilization and Association Process‘ (SAP) integriert, der einen
Rahmen bilden sollte, um neue Konflikte zu verhindern und die beteiligten Länder auf einen
EU-Beitritt vorzubereiten.
Argumentationslinie des Artikels: Die Maßnahmen, die im Rahmen dieses SAPs und als
Versuche der Friedensbildung der EU ergriffen wurden, sind gut gemeint, ließen aber
wichtige Aspekte außer acht, konkret: die grenzüberschreitende Kriminalität und das
ökonomische Interesse der Rebellen, die beide als Hauptgründe des Konflikts betrachtet
werden können. Als Zeichen dafür kann das weitere Ausbleiben von Stabilität in Mazedonien
gewertet werden – nicht als Echo eines beendeten Konflikts, sondern als Beleg dafür, daß für
eine nicht unbeträchtliche Zahl an militanten Rebellen die Beweggründe eben nicht in einer
sicheren sozialen und politischen Reform ihrer Gesellschaft lagen. Insbesondere der Drogen-
und Menschenhandel könnte das ökonomische Interesse sein, aus dem heraus der ethnische
Konflikt in Mazedonien verstärkt wird.
Die EU und Konfliktprävention
April 2001: Veröffentlichung des Strategiepapiers „Communication“ – während man zwar
z.B. in Kolumbien Drogen als Gründe für Konlikte sieht, oder Diamanten in Afrika, haben
sich diese Schlüsse nicht auf den Balkan erstreckt, wo fortgesetzt Drogen, Waffen und
Menschen geschmuggelt werden.
Stability Pact (SP) – enthält eigentlich eine Teil zu Organisierten Verbrechen, im ‚lessons
learned‘-Bericht taucht dann aber nichts dazu auf.
Entwicklung und Konfliktprävention – Entwicklungshilfe z.B. in Afrika durch die EU ist
explizit mit Konfliktprävention verbunden, für die Entwicklungszusammenarbeit in den
westlichen Balkanländern gilt diese Verknüpfung nicht.
Kritik an der EU: die Entwicklungs-Programme zielen nicht so sehr auf makroökonomischen
Aufschwung und Stabilisierung, sondern vielmehr darauf, die Länder strukturell und in
ihrer Gesetzgebung an EU-Standards anzupassen, so daß zentrale ökonomische und sozio-
politische Charakteristika der EU adaptiert werden können.
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