Schicht im Schacht

(Christopher Forst)

Wenige Tage vor dem Spiel bekam ich die überraschende Nachricht. Bei einem Gewinnspiel der ukrainischen Botschaft in Berlin hatte ich zwei Karten für das Achtelfinale der Champions League zwischen Borussia Dortmund und Schachtjor Donezk im Dortmunder Signal-Iduna-Park, dem größten Stadion Deutschlands, gewonnen. Das Besondere daran war, dass es sich um Karten für den Auswärtsblock handelte. Als Osteuropastudent und Fan von Alemannia Aachen verbindet mich nur wenig mit Borussia Dortmund, dafür aber umso mehr mit Schachtjor Donezk. Auch Thomas, der mich begleitete, hatte nur wenig für Dortmund übrig, sodass wir entschlossen waren, Schachtjor über 90 Minuten und wenn nötig auch noch länger anzufeuern.

90 Minuten Unterstützung für Schachtjor Donezk (Bild: Christopher Forst)

Wer die empfehlenswerte Dokumentation „The Other Chelsea“ (s. unten) noch nicht gesehen hat, dem sei gesagt, dass Schachtjor zwar einen der reichsten Männer der Ukraine, Oligarch Rinat Achmetow, an seiner Spitze hat, die „einfachen Fans“ aber oft aus dem traditionellen Milieu der „Kumpel“ kommen (eine Parallele zu Borussia Dortmund). Auch der Name „Schachtjor“ ist auf das Wort „Schacht“ zurückzuführen. Insofern trifft der Begriff „The Other Chelsea“ nur bedingt zu. Während man an der Stamford Bridge oft das Gefühl hat, eine Stecknadel fallen hören zu können, gelten die Fans von Schachtjor durchaus als heißblütige „Fanatiker“. Schon auf dem Weg zum Stadion wurde deutlich, dass meine Russischkenntnisse zur Verständigung mit Schachtjorfans völlig ausreichend sein würden und es nicht nötig sein würde, Ukrainisch zu verstehen. Der Verein heißt offiziell „Schachtar“, dieser Name ist ukrainisch. Da jedoch so gut wie jeder Schachtjorfan Russisch als seine Muttersprache ansieht, findet man den ukrainischen Namen nur im Logo des Vereins, nicht aber z.B. in Anfeuerungsrufen wieder.  Präsident Wiktor Janukowitsch, der als russlandfreundlich gilt, ist übrigens nicht nur selbst in der Region („Oblast“) Donezk geboren, er hat auch Zustimmungsraten von etwa 90 Prozent unter den Anhängern des Vereins. Der Vereinschef Rinat Achmetow ist Mitglied in Janukowitschs Partei und der Präsident ist Stammgast bei Heimspielen in der „Donbass Arena“, dem hochmodernen Stadion, das auch Austragungsort von Spielen der EM 2012 war.

Der Signal-Iduna-Park muss den Vergleich mit der Donezker Donbass-Arena nicht fürchten. (Bild: Christopher Forst)

Das Spiel selbst war leider aus ukrainischer Sicht katastrophal. Der BVB dominierte nach Belieben. Santana, Götze und Blaszczykowski („Kuba“) trafen zum hochverdienten 3:0 Endstand. Das einzige Aufbäumen der „Schwarz-orangen“ (die jedoch im weiß-orangen Auswärtsdress antraten) war kurz nach dem Wechsel zu spüren, als einer der vielen ukrainischen Brasilianer, der eingewechselte Douglas, für Druck über die rechte Seite sorgte. Mit dem unglaublichen Torwartfehler von Pyatov zum 3:0 in der 59. Minute, bei dem uns auf der Tribüne das Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand, war die Gegenwehr gebrochen. Dortmund brachte den Sieg souverän nach Hause. Nach Hause ging es auch für uns pünktlich mit dem Abpfiff, da die Zuganbindung von Dortmund nach Köln an einem Dienstagabend leider äußerst schlecht ist.

Traditionelle Fankleidung bei Spielen von Schachtjor (Bild: Christopher Forst)

Die Fans von Schachtjor waren verhältnismäßig ruhig (in der Vergangenheit waren sie mehrmals durch bengalische Feuer und nackte Oberkörper bei Minustemperaturen aufgefallen). Schuld daran war wohl neben dem schlechten Spiel und dem generellen Alkoholverbot in der Champions League auch, dass es fast eine ganze Halbzeitpause lang dauerte, bis die Getränkeverkäufer im Signal-Iduna-Park dem Wunsch nach Tee für die ukrainischen Gäste nachkamen. Andere Länder, andere Sitten. Tee gehört in Donezk wohl zu einem guten Fußballspiel genauso dazu, wie Schutzhelme und brasilianische Stürmer. Als die eingefleischten Anhänger von Schachtjor übrigens bemerkten, dass sich zwei Deutsche unter sie gemischt hatten, die mit ihnen gemeinsam die Mannschaft anfeuerten, wurde dies kurz und knapp so kommentiert: „Das ist gut.“ Das Ausscheiden im Achtelfinale der Champions League ist hingegen schlecht für den Verein, wenngleich die Niederlage wohl durchaus nicht überraschend kam. Folgt man der Donezker Weisheit, dass es dem Schacht immer dann besonders gut geht, wenn Schachtjor gut gespielt hat, kann man nach der unterirdischen Leistung der ukrainisch-brasilianischen Mannschaft an diesem Dienstagabend in Dortmund leider nur sagen: Schicht im Schacht!

Albanien: Eine Sommerschule im Land der Gegensätze

(Hanne Schneider)

In diesen Tagen veröffentlichte der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) die Ausschreibungen für die Sommerschulen im go east Programm 2013. Ein kleiner Rückblick auf eine Sommerschule in Vlora (Albanien) soll einigen von Euch Lust auf eine Abwechslung im Sommer machen.

Die Festung in Berat, (Bild: Hanne Schneider)

Albanien, dieses Land kennen die meisten Balkanreisenden nur als weißen Fleck auf der Landkarte, ist es doch vergleichsweise abgeschnitten von den Nachbarländern. Dies liegt unter anderem an der langen Zeit verschlossener Diktatur in der selbst die Beziehung zu Jugoslawien stark eingeschränkt war, andererseits ist Albanien geographisch durch Gebirge bis heute abgegrenzt. Aber Albanien hat sich in den letzten zwanzig Jahren rasant zu einer Demokratie entwickelt, wenngleich es mit typischen Transformationsproblemen zu kämpfen hat.

Die erste DAAD-geförderte und –organisierte Sommerschule widmete sich genau diesem Thema: „Land im Wandel – Gelebte Landeskunde in einem Transformationsland“. Das Kursprogramm war sehr abwechslungsreich und erstrecke sich von der geographischen über die politische bis hin zur literarischen Betrachtung Albaniens. Betreut und geleitet wurde unsere Sommerschule durch Jürgen Röhling (DAAD-Lektor an der Universität Tirana) sowie seine Assistentin Jonida Peeza, die mit Enthusiasmus und Motivation eine wirklich gelungene Sommerschule auf die Beine stellten. Die angekündigte Mischung von deutschen und albanischen Studierenden konnte leider nicht wie geplant stattfinden, da die Tiraner Universität ihre Prüfungen spontan verschob – auch das war allerdings „erlebte Landeskunde Es blieb eine Gruppe mit 15 motivierten deutschen Studierenden.

Der Skanderbeg-Nationalplatz in Tirana. Im Hintergrund entsteht Albaniens höchstes Gebäude. Bild: Hanne Schneider
Der Skanderbeg-Nationalplatz in Tirana. Im Hintergrund entsteht Albaniens höchstes Gebäude. Bild: Hanne Schneider

Die ersten zehn Tage verbrachten wir in Vlora, an der Südküste Albaniens. Von dort starteten einige Exkursionen in verschiedene Ort und Ausgrabungsstätten. Die letzten Tage verbrachten wir in der Hauptstadt Tirana im Landesinnern. Junge, motivierte Dozierende verpackten selbst theoretische Themen anschaulich. Schön war es, dass wir etwa mit einem Bundesrichter sprechen konnten und auch unangenehme Themen der albanischen Kultur wie etwa die Blutrache nicht ausgespart wurden. Auch ein Planspiel zum politischen System wurde erprobt.

Die Küste be Himara. Bild: Hanne Schneider

Albanien begegnete mir als ein Land voller Gegensätze: Neben vielen Großstadtphänomenen in Tirana sieht man in Busfahrten über das Land viele ärmliche Dörfer, die Strom- und Wasserversorgung funktioniert auch in den Städten oft nur stundenweise. Albanien als Agrarland schafft es noch nicht, seine Bevölkerung zu ernähren und muss Lebensmittel importieren. Der Diktator Enver Hoxha soll möglichst schnell vergessen werden, aber eine Aufarbeitung durch die gesamte Gesellschaft findet nur teilweise statt. Überall erinnern Betonbunker an die Hoxha-Zeit, in Tirana schießen daneben neue Bürokomplexe in den Himmel. Die wunderschöne, unberührte Natur weicht neuen Tourismusanlagen.Weiterhin ist die Balance zwischen Privatisierung und Erhalt staatlichen Einflusses eine Herausforderung, für welche das kleine Land noch keine Erfahrung besitzt.  Und die Korruption, ja, die ist wirklich sehr hoch; Mittel zur Bekämpfung versuchen Justiz und Politik zu finden. Statt Resignation, findet man in Albanien sehr viele EU-Befürworter, trotz Finanzkrise. Insgesamt also ein Land im Umbruch, das schnell fasziniert.

Lust auf Albanien bekommen? Der DAAD fördert auch die 2. Sommerschule in diesem Jahr, die ich jedem/r ans Herz legen kann.

Blick vom Llogara Pass (1000 m) auf die Küste (im Hintergrund kann man Korfu erkennen)

Medien und Politik in Deutschland und Russland – Jugendforum des DRJUG

(Gabriel Deutscher)

Unter dem Thema „Medien und Politik in Deutschland und Russland“ findet vom 16. – 22. April 2013 das Jugendforum des Alumnivereins des Deutsch-Russischen Jugendparlaments, kurz „DRJUG“, in Berlin statt.

Ziel des Forums ist es, Raum für die Begegnung junger Menschen aus Deutschland und Russland zu bieten. Wir wollen mit Euch gemeinsam die Rolle der Medien in Politik und Gesellschaft unserer beiden Länder hinterfragen und die Veränderungen der Medienlandschaft in den vergangenen Jahren beleuchten. Hierzu sind verschiedene ausgewiesene Experten eingeladen, die uns mit ihrem Input unterstützen werden. Bei einer interaktiven Exkursion werdet Ihr selbst untersuchen, wie unsere Länder in der öffentlichen Meinung des jeweils anderen Landes wahrgenommen werden.

Euch erwartet ein abwechslungsreiches Programm mit Workshops, einer öffentlichen Podiumsdiskussion, Exkursionen in den Bundestag und das Auswärtige Amt und spannenden Diskussionen mit bekannten Persönlichkeiten aus Medien, Politik, Kultur und Wirtschaft Deutschlands und Russlands.

Der Alumniverein des Deutsch-Russischen Jugendparlaments e.V. wurde im Jahr 2011 mit dem Ziel gegründet, das Jugendparlament und die Realisierung seiner Beschlüsse zu unterstützen, ein Netzwerk zwischen den ehemaligen Mitglieder zu schaffen und einen Beitrag zur deutsch-russischen Freundschaft zu leisten.

Details zum Ablauf der diesjährigen Konferenz könnt ihr dem beiliegenden Programm entnehmen. Um eine angenehme und produktive Arbeitsatmosphäre zu schaffen, haben wir die Teilnehmeranzahl auf 15 deutsche und 15 russische Teilnehmer beschränkt.

Wenn Du zwischen 16 und 26 Jahre alt bist und Dich für die deutsch-russischen Beziehungen engagierst, bist Du herzlich eingeladen Dich zu bewerben. Da nicht immer Dolmetscher dabei sein können, wären passive Kenntnisse der deutschen und russischen Sprache von Vorteil, um verstehen zu können, was der jeweils andere sagen möchte. Außerdem erwarten wir, dass die Teilnehmer einen kurzen Impulsvortrag zu einem Thema Deiner Wahl im Bereich „Medien in Deutschland und Russland“ vorbereiten.

Dank der Unterstützung der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch, des Bayerischen Jugendringes und weiterer Förderer (beantragt) beträgt der Teilnahmebeitrag nur 80 EUR. Unterkunft sowie zum Teil Verpflegung werden den Teilnehmern gestellt. Die Reisekosten müssen selbst getragen werden. Alle russischen Teilnehmer erhalten ihre Visa kostenlos. Darüber hinaus sind wir bemüht, eine anteilige Finanzierung der Reisekosten aus Russland zu gewährleisten.

Wir würden uns freuen, Euch in Berlin kennenzulernen. Alles was Ihr noch machen müsst, ist den Bewerbungsbogen auszufüllen und mit einem Lebenslauf bis Freitag, den 08. März, an organisation-berlin@drjug.org zu senden.

 

 

 

 

 

 

„Bulgarien ist nicht Albanien“ – Tschechische Energie und bulgarische Behörden

(Tobias Endrich)

Alice Greschkow beleuchtete die Proteste in Bulgarien vorige Woche an dieser Stelle. Folgende Zeilen werfen einen Blick auf die Geschehnisse aus der Perspektive tschechischer Medien.

40 Prozent der bulgarischen Haushalte werden von Tochterunternehmen der tschechischen Gesellschaft ČEZ mit Strom beliefert – am Mutterunternehmen hält der tschechische Staat fast 70% der Aktien.

Der bulgarische Premier Bojko Borisov drohte im Zusammenhang mit einer Preissteigerung bei Energie und damit zusammenhängenden Protesten mit einem sofortigen Lizenzentzug wegen Verstößen gegen bulgarisches Recht, insbesondere soll falsch oder unzureichend ausgeschrieben worden sein. Das klang zunächst nach Enteignung – die bulgarischen Behörden sprachen aber bald nur noch davon, eventuelle Verstöße der ČEZ nach allgemeinen Verfahrensregeln behandeln zu wollen.

Vertreter der ČEZ sind davon überzeugt, dass Bulgarien als Mitglied der EU sich einen Lizenzentzug nicht erlauben wird. Der Angriff Borisovs gegen ČEZ wird auch von Politik und Medien in Tschechien als hauptsächlich politisch motiviert gewertet. Gleichzeitig herrscht überwiegend Verständnis für die Kritik an der Preissteigerung selbst.  (Noch-)Präsident Klaus nutzte die Gelegenheit, um die Regierung und insbesondere den von ihm im kürzlich zu Ende gegangenen Präsidentenwahlkampf immer wieder attackierten Außenminister Karel Schwarzenberg für ihr schwaches Eintreten zu kritisieren. Nach seinen Worten entspricht die Rolle der ČEZ einem Spielball im politischen Wettstreit Bulgariens. Klaus bezeichnete das leise Vorgehen des Außenminister als „doppelt unangebracht“ –  würde so etwas in Tschechien passieren, hätte der Präsident nach eigenem Szenario sofort eine ganze Schar von Diplomaten auf der Matte stehen.

Schwarzenberg äußerte im staatlichen Fernsehen, dass es hier um eine Frage der Gesellschafft ČEZ geht, deren Lösung ebenfalls zuvörderst der ČEZ obliege, wobei er sich Hilfestellung bei der Klärung vorbehielt.

Tschechische Kommentatoren beschäftigen sich aber nicht nur mit der Stellung der ČEZ als „innenpolitischer Sündenbock“ sondern betonen auch, dass das Auftreten der ČEZ mit zunehmender Entfernung Richtung Osten „dominanter“ bzw. forscher wird. Die ČEZ-Gruppe ist auch in Rumänien, Albanien und der Türkei vertreten sowie in der Slowakei und Ungarn, Deutschland und Holland.  Für den (bulgarischen) Vorwurf, Managergehälter und Boni stehen in keinem Verhältnis zum dortigen Lebensstandard, herrscht Verständnis.

Die ČEZ ist mit Investitionen in Höhe von über 17 Milliarden Kronen (680 Mio. EUR) in Bulgarien engagiert. Dabei kritisiert die ČEZ, dass das eigentlich unabhängige Amt für die Regulierung der Strompreise direkt an Weisungen des Premiers gebunden sei. Ihre Manager hoffen aber auf einen positiven Ausgang – ein „albanisches Szenario“ (Verluste im Millionenbereich) schließen die Manager aus. Über den Lizenzentzug wird im Laufe des März zu entscheiden sein. Keiner der 20 vom Regulierungsamt erhobenen Vorwürfe gegen die ČEZ könnten einen Lizenzentzug rechtfertigen – so sei nach Aussagen des Auslandschefs der ČEZ, Tomas Pleskač, z.B. gerügt worden, dass Dokumente eine Stunde zu spät vorgelegt wurden. Auch die Vorwürfe, Aufträge nicht korrekt ausgeschrieben zu haben, seien nicht stichhaltig. Besonders betonen Vertreter der ČEZ, dass das Unternehmen nicht für die Preissteigerung verantwortlich ist. Deren Ursprung sei in der Verwendung erneuerbarer Energien zu suchen.

Was mögliche Formen der Zurücküberführung in Staatseigentum angeht verweisen die Lidove Noviny auf vergangene Maßnahmen Borisovs – dieser habe es in anderen wirtschaftlichen Dingen „sogar fertig gebracht, sich mit Putin anzulegen“.  Ein bisschen Angst scheint nach dem verlustreichen Engagement in Albanien zu bleiben.

Wie auch immer die bulgarischen Behörden entscheiden mögen – die Angst, Tschechien könnte einem Beitritt zur EU Steine in den Weg legen, spielt anders als in Albanien keine Rolle mehr.

Mazedonien: Ausgang ungewiss

(Kristin Kretzschmar)

Aus Belgrad reiste ich per Bus nach Tetovo, um hier meine alte Freundin Tijana zu besuchen. Tagsüber schien die Stadt tot. Die überwiegend muslimisch – albanisch geprägte Stadt stand still . Grund dafür waren wohl die Hitze und der Ramadan.

Grüne Oase inmitten von Wohnblöcken.

Das kleine Haus der Familie sticht aus der Menge heraus. Es liegt direkt hinter der Zentrale der albanischen demokratischen Partei im Zentrum der Stadt und ist umgeben von Wohnblöcken. Tijanas Großvater kaufe das Haus von einen Türken und seitdem wohnen mehrere Generationen der Familie hier. Der Nachruf für den Großvater hängt seit zwei Jahren am Hoftor – so ist es Tredition.

Entspannt überstanden wir die Sonnenstunden auf dem Balkon. Hier wurde gegessen, die Familie trifft sich, man unterhält sich und Tijanas Mutter ließt halb scherzhaft halb ernst aus dem Kaffeesatz. Man unterhält sich auch über die aktuelle Lage. Die Zukunft scheint Ungewiss und man ist sich uneinig, ob der Frieden Bestand haben wird, oder nicht.

Kaffeesatz zur Prognose des weiteren Reiseverlaufes.

So berichtet Tijana aus ihrer Schulzeit. 2001 durften sie nicht auf die andere Seite des Flusses: Um interethnische Eskalation zu vermeiden wurde die Stadt in einen albanischen und einen mazedonischen Teil unterteilt. Da ihre Schule auf der albanischen Seite lag, war der Zugang versperrt. Unterricht fand nun nur noch provisorisch statt: verkürzte Stunden und unklarer Inhalt. Am Abend herrschte Ausgangsperre, Fernsehen gab es nur begrenzt.

Am frühen Vormittag oder am Abend bieten sich Stadtspaziergänge an: wir besichtigten das Hammam, die Pascha Mosche, eine Kirche und frühere Herrenhäuser. Des Weiteren besuchten wir die Arabati-Baba-Tekke. Dieser Rückzugsort des Derwisch Ordens hat mich besonders aufgrund der Ruhe und Gleichzeitigen Offenheit der Bewohner begeistert.

In der Pascha Moschee.

Von Tetovo aus machten wir außerdem einen Ausflug zu Wasserfällen unweit der kosovarischen Grenze in den Bergen. Dieses Ausflugsziel wird von vielen einheimischen genutzt. Der Bergfluss lädt zur Erfrischung ein und am Fuße der Wanderwege bietet eine „Picknick Küche“ alles was man braucht. Auf dem Weg dahin bietet sich auch ein Stop im Kloster Lhesok an. Das Restaurant ist im Grünen gelegen und der heimische Rakia der stolz des Wirts.

Am Abend erwacht die Stadt und das Leben findet in Kaffes und Kneipen statt. Erstaunlich hierbei ist, dass diese ethnisch getrennt sind: Es ist jedem Einheimischen klar, in welcher Straße albanische Kneipen sind und in welcher mazedonische. Vorsichtshalber meidet man die Lokale der jeweils „Anderen“. Zusätzliche Polizisten, die an zentralen Orten positioniert werden, erwecken den Eindruck, das die Situation auch jeden Moment umschlagen könnte.

novOstia e. V.
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