Bericht über ein Praktikum beim Prager Think Tank Glopolis

(Kristin Kretzschmar)

Von September 2011 bis März 2012 arbeitete ich als Praktikantin bei dem tschechischen Think Tank Glopolis. Das Praktikum wurde nicht vergütet, sondern durch die Auslandsförderung der Friedrich Ebert Stiftung unterstützt.

Das Akronym Glopolis steht für Global Policy Institute. Dieser Think Tank wurde 2004 durch den Politologen Peter Lebeda in Prag gegründet. Die Idee für den Think Tank entstand im Rahmen der Arbeit an einem Projekt für das Forum 2000 welches unter der Schirmherrschaft Vaclav Havels stand. In diesem Projekt wurden Entwicklungsfragen thematisiert. Die Projektteilnehmer stellten fest, dass eine Sensibilisierung der tschechischen Gesellschaft im Rahmen des Projekts nicht möglich war und das noch viel mehr Arbeit notwendig wurde. Aus dieser Überlegung heraus entstand dann Glopolis.

Schwerpunkte der Arbeit von Glopolis liegen auf Globalisierung und Entwicklung, sowie die Mitgestaltung einer neuen Entwicklungsagenda. Diese soll die Bereiche Wirtschaft und Finanzen, Ernährungssicherheit und Landwirtschaft sowie intelligente Energie und Klimawandel beinhalten. Entsprechend dieser Schwerpunkte teilt sich die Arbeit in Glopolis in drei Referate: „Klima und Energie“, „Ernährungssicherheit“, und „Wirtschaft und Finanzen“.
Glopolis´ Arbeit orientiert sich an der praktischen Anwendung der Prinzipien Politikkohärenz für Entwicklung sowie dem Menschenrechtsansatz in der Entwicklungspolitik. Methoden hierbei sind das Verfassen von Analysen und Studien, Austausch mit Interessenvertretern, Medien und Institutionen, sowie die Förderung eines öffentlichen Diskurses zu den betreffenden Themen, beispielsweise durch Podiumsdiskussionen oder Seminare.
Während meiner Zeit bei Glopolis war ich hauptsächlich im Referat „Klima und Energie“ und teilweise auch im Referat „Ernährungssicherheit“ beschäftigt.
Der Hauptfokus meines sechsmonatigen Praktikums lag auf dem Verfassen einer Fallstudie im Rahmen eines Projektes zur Politikkohärenz in Entwicklungsfragen zur Rolle des Schutzes geistigen Eigentums im Bezug auf den Transfer klimafreundlicher Technologien in Entwicklungs- und Schwellenländer. Daneben habe ich kleinere Artikel zu den Themen „Urbanes Gärtnern“, „Klimakompensation“ und „Energie in Ostafrikanischen Ländern“ verfasst sowie Recherecheaufträge für andere Analysten unter Anderem zu den Themen Fair Trade Zertifizierung, kritische Rohstoffe und Landesinformationen durchgeführt.

Besonders im Rahmen von Seminaren und Podiumsdiskussionen wurde ich auch mit organisatorischen Aufgaben betraut, beispielsweise der Annahme von Anmeldungen und Antwort auf Fragen und Betreuung von Gastdozenten. Ein weiterer Bereich meiner Aufgaben war die Transkription von Interviewmaterial, die und die Auswertung von Evaluationsbögen.

Im Team Glopolis‘ war ich die einzige Person mit sozialwissenschaftlichen Hintergrund. Es überwogen Wirtschaftswissenschaftler und Agrarwissenschaftler. Einerseits hieß das für mich, dass ich mich in viele Themenschwerpunkte erst einarbeiten musste. Hierbei hatte ich allerdings den Vorteil, dass Glopolis, zu vielen Themen bereits Studien verfasst hat und ich somit auf diese zurückgreifen konnte um mich zu informieren.

Als Sozialwissenschaftlerin hatte ich die Möglichkeit einen anderen Blick auf Dinge zu geben. In vielen Rechercheaufträgen konnte ich mich auf die Statistische Seite konzentrieren. So habe ich beispielsweise die grafische Darstellung von Handels- und Produktionsstatistiken sowie der Darstellung von Armutsfaktoren in Entwicklungsländern übernommen. Der starke Einbezug von Statistiken auch für Artikel auf der Hompage von Glopolis stellt meines Erachtens im Vergleich zu älteren Artikeln eine Neuheit im Rahmen der Organisation dar. Kurz vor Beendigung meiner Tätigkeit wurde ich auch von Mitarbeitern gebeten, Einblicke in die Erstellung von Statistiken zu geben, damit diese weiterhin eingebunden werden können.

Während des Studiums der Sozialwissenschaften sind Recherche und wissenschaftliches Arbeiten eine Grundkompetenz. Aufgrund dieser Fähigkeiten wurde ich ausgewählt, um die oben erwähnte Studie zu verfassen. Doch auch während des Praktikums konnte ich meine Fähigkeiten in diesem Bereich verbessern. Während des Studiums habe ich hauptsächlich auf Bibliotheken und online Datenbanken zurückgegriffen. Da in diesem Kontext aber vor allem auch druckfrische Erkenntnisse von Bedeutung waren, habe ich auch begonnen mich mit anderen Publikationen zu beschäftigen: Gesetzestexten, Stellungsnahmen von Konferenzen, oder auch Gutachten die für Regierungen und die EU erstellt wurden. Des Weiteren wurde deutlich, wie wertvoll ein thematisches Netzwerk in diesem Bereich ist, da ich bedeutende Quellen über Mailinglisten oder Nachfragen bei Experten auf dem Gebiet erhalten habe. Hinzukommend unterscheidet sich diese Form des Schreibens in ihrer Zielstellung. Während man an der Universität schreibt, um seinen Wissensstand unter Beweis zu stellen, wurde diese Studie geschrieben um andere zu informieren und gleichzeitig zur Willensbildung beizutragen. Die Zielgruppe reicht vom Politiker bis hin zur interessierten Öffentlichkeit. Dementsprechend muss man eine klare Sprache finden, die verständlich ist, aber nicht ungenau.

Durch die Rechercheaufträge, die ich Für andere Analysten übernommen habe, haben sich auch meine Kompetenzen im Bereich der Teamarbeit verbessert. Es war stets wichtig genau zu wissen wonach man suchen muss. Hierfür muss man die richtigen Fragen Stellen. Welches Ziel verfolgt der Analyst, sind Statistiken oder Theorien von Nöten usw. Des Weiteren ist es auch notwendig abzusprechen, inwieweit die recherchierten Informationen aufgearbeitet werden sollen. Im letzten Schritt ist für die gemeinsame Arbeit ein Weg zu finden, diese auszutauschen, beziehungsweise Versionskonflikte zu vermeiden.

Neben der Arbeit bei Glopolis selbst wurde mir auch die Möglichkeit gegeben an Seminaren und Schulungen teilzunehmen. Einerseits betraf dies Seminare, die von Glopolis veranstaltet wurden, beispielsweise zu Ernährungssicherheit, Biokraftstoffe und Finanztransaktionssteuer. Andererseits hatte ich auch stets die Option an Seminaren und Veranstaltungen anderer Stiftungen und Organisationen teilzunehmen. So konnte ich im November nach Würzburg reisen, um an einem Seminar zu Globalisierung teilzunehmen. Neben den inhaltlichen Seminaren betraf dies auch Schlüsselkompetenzen: im Bezug auf Öffentlichkeitsarbeit, habe ich an einem Training zum Umgang mit den Medien teilgenommen und des Weiteren an einem Rhetorik  und Präsentationsseminar.

Occupy Praha

(Kristin Kretzschmar)

Überquert man momentan die Moldau vom Rudolfinum aus kommend über die Manes Brücke, hat man nicht nur einen schönen Blick auf die Karlsbrücke und die Prager Burg sondern auch auf das Prager Occupy Camp.

Hinter dem Mahnmal des 2. Weltkrieges ist das noch kleine Occupy Camp.
Als im letzten Herbst in Frankfurt oder Berlin Occupy Camps im Sinne der Occupy Bewegung eingerichtet wurden, tat sich in Prag kaum etwas. Neben Berichten einiger Think Tanks nahmen die Medien nur marginal Notiz von der neuen Bewegung.
Doch seit inzwischen nun mehr als einer Woche besteht ein Occupy Camp in Prag. Unweit der Metro- und Tramstation Malostranska haben die Aktivisten eine Wiese besetzt. Das Camp wirkt zunächst unscheinbar: ein Dutzend Zelte, ein kleiner Informationsstand an dem nur tschechisch gesprochen wird und Petitionen zu verschiedenen Themen ausliegen und einige Plakate. Der Tatendrang ist allerdings unübersehbar. Jeden Abend finden ab 18.00 Uhr Diskussionsrunden statt, zum Teil mit Simultanübersetzung. Die Besetzer wollen sichtbar sein und ihren Anliegen (Spektrum von Banken-Kritik bis Umweltschutz) eine Stimme verleihen.

Wir sin 99%
Dieses noch kleine Camp, aber auch vorherige durch Gewerkschaften organisierten Großdemonstrationen, verleihen den Eindruck, dass die Zivilgesellschaft Tschechiens aus ihrem Schlaf erwacht ist und bereit ist für Änderungen einzustehen.

Bericht über ein Praktikum in Prager Büro der OSZE

(Kristin Kretzschmar) 

Ort, Zeitpunkt und wöchentliche Arbeitszeit

Im Sommer 2011 habe ich im Prager Büro des Sekretariats der OSZE ein siebenwöchiges Praktikum absolviert. Dieses umfasste eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden; täglich von 9.00 bis 17.00 Uhr. Das Praktikum wurde nicht vergütet.

Bewerbungsverfahren

In meinem Fall verlief das Bewerbungsverfahren noch recht informell. Ich habe mich auf eigene Initiative per E-Mail beworben. Etwa zwei Monate später erhielt ich eine Antwort; mir wurde mitgeteilt, dass ich Anfang Juli beginnen könnte und nur noch ein Motivationsschreiben nachreichen soll.

Inzwischen ist es nicht mehr ganz so locker. Bewerbungen sind nur noch möglich, wenn Stellen ausgeschrieben wurden. Das heißt: wenn das Prager Büro Bedarf hat, wird eine Stellenausschreibung an das Sekretariat in Wien weitergegeben. Diese Stellenausschreibungen findet man auf der Hauptseite der OSZE. Trotz alledem kann es sich lohnen, vorab in Prag telefonisch anzufragen, ob vielleicht schon Stellen für einen bestimmten Zeitraum vorgesehen sind. 

Informationen zur OSZE

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) ist die institutionalisierte Weiterführung der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Am bekanntesten ist die OSZE für die Wahlberichte, wie beispielsweise der Bericht zur Russischen Präsidentschaftswahl 2012. Daneben ist die OSZE noch in vielen andern Bereichen aktiv – beispielsweise Konfliktprävention, Umweltforen…

Besonders interessant war für mich der umfangreiche Sicherheitsbegriff der OSZE. Auf der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa einigte man sich, Sicherheit in drei Körben (inzwischen umbenannt in Dimensionen) zu definieren: neben der politisch-militärischen Dimension auch in der Wirtschafts- und Umweltdimension und der menschlichen Dimension.

Weitere Informationen zur OSZE im Allgemeinen findet man im Faltblatt „Was ist die OSZE“  und etwas umfangreicher im Handbuch.

Das Prager Büro

Das Prager Büro der OSZE ist eine Außenstelle des Sekretariats, welches inzwischen seinen Sitz nach Wien verlegt hat. Dieser Standort ist historisch gewachsen und beherbergt nun die Archive der OSZE. Des weiteren wird hier das jährliche Wirtschafts- Und Umweltforum organisiert.

Aufgaben konkret

Die Arbeit war sehr an den Bedürfnissen der PraktikantInnen orientiert und ist stark von der Archivfunktion des Prager Büros gepräg . Das heißt, dass es sogar erwünscht war, neben den notwendigen Aufgaben, auch ein eigenes Projekt zu bearbeiten. 

Ich habe die ersten zwei Wochen des Praktikums nach Unterlagen und Dokumenten der Überprüfungskonferenz in Astana gesucht (in diesem Falle hauptsächlich in elektronischen Datenbanken, da die Konferenz 2010 war), und diese Dokumente so aufgearbeitet, dass sie eine vollständige Dokumentation der Konferenz darstellen. Des Weiteren ist es eine Aufgabe der PraktikantInnen den WissenschaftlerInnen (Researcher In Residence Programme http://www.osce.org/employment/43289) zuzuarbeiten, das heißt: für diese Dokumente in den Datenbanken oder den Archiven zu suchen. 

Daneben übernehmen PraktikantInnen auch die üblichen Büroaufgaben, beispielsweise E-Mailverkehr oder Übersetzung von Briefen. Eine weitere Aufgabe, die den PraktikantInnen anvertraut wird, ist die Vorbereitung und Durchführung von Präsentationen über die OSZE für deutsche RechtsreferendarInnen, die das Büro besuchen. 

Mein persönliches Projekt war die Anfertigung einer thematischen Dokumentation der Arbeit der OSZE in der Republik Moldau. Da ich mich schon im vorherigen Semester umfangreich mit dieser Thematik (siehe Ost-IA: Föderalisierung Moldawiens) befasst habe, stellte dies für mich eine sinnvolle Fortführung dar. Für diese Dokumentation habe ich erneut Dokumente (in diesem Falle auch tatsächlich in Archiven und nicht nur am Computer) in einer Sammlung zusammengetragen. Diese wird es in Zukunft Wissenschaftlern, die sich mit diesem Thema befassen, die Arbeit erleichtern.

Als Highlight des Praktikums stand eine Reise nach Wien und Besuch des Ständigen Rates sowie des Sekretariats und Treffen mit verschiedenen MitarbeiterInnen auf dem Programm. Die Kosten dafür wurden von der OSZE getragen.

Fazit

In diesem Praktikum konnte ich meine Kompetenzen und Fähigkeiten auf verschiedenen Gebieten erweitern.  Vor einer Bewerbung gilt es allerdings zu bedenken, dass die Arbeit in Archiven im Zentrum steht. Das heißt: ein gewisser Hang zur Genauigkeit und Durchhaltevermögen sind hilfreich, wenn man mal wieder drei Tage in Folge im Archiv im Keller nach einem bestimmten Dokument aus dem Jahre 1992 sucht. 

 Da im Prager Büro darauf geachtet wurde, dass nicht ein Praktikant allein ist, sondern wir zu viert waren, kam auch das soziale Leben nicht zu kurz. 

Auch nach Abschluss meines Praktikums stehe ich noch mit der OSZE in Kontakt; so besuchte ich beispielsweise des Wirtschafts- und Umweltforum und unterstütze aktuell ein Forschungsprojekt.

 

Völker, hört die Signale – Sudetendeutsche Arbeiterkultur

Mitgliedsausweis der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der ersten Tschechoslowakischen Republik 1937Der kulturelle Projekttag der djo- deutsche Jugend in Europa 2012 beschäftigt sich mit der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in der Tschechoslowakei. Die Veranstaltung ist gerichtet an Jugendliche und junge Erwachsene, Multilpikatoren in der außerschulischen Jugendarbeit und an Lehrkräfte und wird gemeinsam mit der Sudetendeutschen Jugend und der Seliger-Gemeinde (Nachfolgeorganisation der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiter-Partei (DSAP) in der Ersten Tschechoslowakischen Republik und der Treuegemeinschaft sudetendeutscher Sozialdemokraten im Exil) veranstaltet. Ausgehend von der Entstehungsgeschichte der Sozialdemokratie in der Tschechoslowakei werden herausragende Persönlichkeiten der sudetendeutschen sozialdemokratischen Arbeiterbewegung sowie Arbeiter(jugend)organisationen im Wandel der Zeit dargestellt, ein extra Punkt ist dem sozialdemokratischen Widerstand mit einer Zeitzeugenbefragung gewidmet.

„Sozialdemokratische Arbeiterbewegung in der Tschechoslowakei“

ein Projekttag für junge Leute

12.05.2012 10:30 Uhr – ca. 16:30 Uhr

Bayerischer Landtag, Maximilianeum, München

Schirmherrschaft Christa Naaß (MdL)

Moderation: Elisabeth von Palugyay und Katharina Ortlepp

Anmeldungen werden bis zum 30.4. erbeten, Fahrtkosten können bei vorheriger Absprache übernommen werden.

zur AUSSCHREIBUNG

djo bayern
Bodenseestr. 5
81241 München

2 Fäuste für …

(Tobias Endrich)

Normalerweise sind Finanzminister selten für ihre Freigiebigkeit bekannt. Ein ungewollt im Netz gelandetes Filmchen aber zeigt den tschechischen Finanzminister Miroslav Kalousek, wie er großzügig austeilt.

Am 21.9.2011 reagierte er auf die verbale Attacke eines unzufriedenen Bürgers vor dem Parlamentsgebäude mit zwei Ohrfeigen. Der Zeitung Lidové noviny sagte er, er habe nicht als Minister zugeschlagen – sondern „als älterer Herr“, der auf der Straße vulgär angegriffen wurde. Das junge Opfer bezeichnete Kalousek laut eigener Aussage als „Verbrecher, der längst hinter Gitter“ gehöre. Kalousek nannte die Tätlichkeit damals eine „Erziehungsmaßnahme“. Der Körpereinsatz des Ministers wurde im Dezember letzten Jahres in einem verkürzten Ordnungswidrigkeitsverfahren mit der Höchststrafe von 1000 Kronen (40 EUR) geahndet.

Am 4.2.2012 gelangte die Tageszeitung Blesk an das Video und veröffentlichte es auf ihrer Internetseite. Zu sehen ist, wie der Minister nach einem kurzen verbalen Austausch zweimal zuschlägt. Die Frage, wie das Video, das auf youtube bereits über 100.000 mal angeklickt wurde, in die Öffentlichkeit gelangte, bleibt offen.