Von Jägern und Sammlern – und dem tschechischen Lotteriegesetz

(Tobias Endrich)

Im Januar beginnt in Tschechiens Gemeindezentren und Bürgerhäusern die  Zeit der Bälle – Feuerwehrball, Jägerball, Studentenbälle. Das hat Tradition. Zu dieser gehört neben Polka und Ballkleid als unbedingtes Highlight die Tombola.

Die zu später Stunde errungene Wurstkette, der Kräuterlikör mit Schleife eignen sich – je nach Verwendung – bei Lospreisen um die 10 Kronen zur Kostenminimierung des Abends  oder Schadensbekämpfung am nächsten Morgen.

Ein Fall für gesetzgeberische Betätigung im Sinne eines verstärkten Zockerschutzes also? Laut dem neuen Lotteriegesetz – ja.

Wo früher 10% des Verkauspreises der Lose abgeführt wurden, werden jetzt 20% fällig – plus eine zusätzliche Zahlung von 5000 Kronen im Vorraus. Das ärgert nicht nur die Feuerwehrmänner, die den überschaubaren Gewinn in der Regel sinnvoll einzusetzen wissen – z.B. im Bereich der Jugend. Auch das Finanzministerium ist nicht wirklich glücklich über das „Versehen“ im Gesetzgebungsverfahren und unterbreitete der Regierung bereits eine Gesetzesänderung, die ab 2013 gelten soll. Für die diesjährige Ballsaison bringt das natürlich wenig.

 

Deutsch-tschechischer Studentenball in Pilsen, Bildquelle: www.sojka.cz                 

 

So kommt es zu dem nicht nur in Tschechien selten auftretenden Phänomen, dass der Staat seinen Bürgern Tipps zum Steuersparen gibt. Mit den Feuerwehren und Jägern möchte es sich eben niemand verscherzen. Ein Tip besteht darin, den Preis für ein Los einfach auf den Eintritt zu schlagen, die Eintrittskarte ist dann gleichzeitig die Losnummer. Auch können sich Feuerwehr, Jäger- und Gärtnerverein zusammentun, um für ihre Tombolas gemeinsam nur einmal die 5000 Kronen zahlen zu müssen.

Grund für die harte Vorgaben des Gesetzes ist tatsächlich nicht die Kaffeemaschine oder die Bonboniere, sondern ein „weihnachtlicher Galaabend“ in Brünn/Brno vor zwei Jahren, an dessen Ende ein Regionalpolitiker einen fabrikneuen Ford Fiesta mit nach Hause nehmen durfte; sein Parteifreund gewann eine all-inclusive Reise nach Ägypten.

Preis für ein Los: 300 Kronen.

Gedenken an Vaclav Havel

(Kristin Kretzschmar)

Dissident und Präsident, Schriftsteller und moralische Führungsrolle. Dies ist nur ein Teil von dem, was Tschechen mit Vaclav Havel verbinden. Viele haben Erinnerungen oder Geschichten, die in direkter Verbindung zu Havels Person oder seinem Wirken stehen. Seit seinem Tod am Sonntag (18.12.2011) tauschen sie sich über diese Erinnerungen aus und gedenken einer großen Persönlichkeit. Aus diesem Anlass werden auch hier verschiedene Gedanken und Erinnerungen lose zusammengefasst.

Schon am Sonntag kurz nach Bekanntwerden des Todes, wurden in verschiedenen sozialen Netzwerken zu  Treffen und Andachten an zentralen Plätzen der Samtenen Revolution aufgerufen. Zum entsprechenden Facebook  Aufruf meldeten sich mehr als 800 Teilnehmer an. Tatsächlich waren es mehr.  Dieses Video stellt die Atmosphäre  in der Stadt am Sonntagabend dar.

2009 erhielt Vaclav Havel den Internationalen Demokratiepreis. In der Rede anlässlich der Verleihung, äußerte sich der damalige  Außenminister Frank Walter Steinmeier wie folgt: Er steht wie kaum ein anderer für den Geist, der 1989 geprägt hat: unerschrockener Bürgersinn, Glaube an das befreiende Wort, eine gesamteuropäische Perspektive, die Ideologien, Blöcke und Mauern sprengt.“ Und weiter Und wir spürten, dass dort im Osten die Stimme der Demokratie und der Freiheit mit neuer Kraft und Frische erklang. Eine Stimme der Demokratie und der Freiheit, die in kaum jemandem einen klareren Ausdruck fand als in Ihnen, lieber Vaclav Havel.“

Laut Auswärtigen Amt würdigte Westerwelle Havel mit folgenden Worten: „Wir trauern um einen großen Europäer, einen Wegbereiter der europäischen Wiedervereinigung, einen großen Staatsmann und einen bedeutenden Bürgerrechtler. Wir Deutschen haben Václav Havel viel zu verdanken.“

Die Frankfurter Allgemeine kommentiert seine Haltung zu Politik und seine Aufstieg wie folgt: „ Politik definierte er als ‚Moral in Aktion‘, als ‚die Kunst, sich selbst und die Welt besser zu machen‘. Die platonische Auffassung der Wahrheit als Staatszweck ordnete er ein in die ‚Tradition von Kyrill und Method über Hus bis zu Masarýk, Stefaník und Patočka‘. In den Augen der Tschechen schloss sich ein Kreis: auf den ‚Philosophen-Präsidenten‘ Masarýk am Anfang des Jahrhunderts folgte der ‚Schriftsteller-Präsident‘ Havel an seinem Ende.“

Laut News24 ehrte Obama Havel mit folgenden Worten; „Having encountered many setbacks, Havel lived with a spirit of hope, which he defined as ‚the ability to work for something because it is good, not just because it stands a chance to succeed‘.“ Verschiedene Quellen vermuten, dass Obama zur Beisetzung am Freitag (23.12.2011) anreisen wird.

Schon in der Vergangenheit hat ein bestimmtes Zitat Havels vielen Trauernden über ihren Schmerz hinweg geholfen (So wurde es beispielsweise in der Traueranzeige Robert Enkes verwendet): „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht„. Nun hilft es auch denen, die um Havel trauern.

Civil Society and Democracy in Central and Eastern European countries

(Kristin Kretzschmar)

Diese Hausarbeit entstand im Rahmen eines Seminars zur Zivilgesellschaft in Zentral- und Osteuropäischen Ländern im Sommersemester 2011 und beschreibt in knapper Form die Schwäche der Zivilgesellschft in den Ländern Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei.
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Civil Society and Democracy in Central and Eastern European countries

Deutsch-tschechisches Jugendforum

Tobias Endrich

Das aus dem deutsch-tschechischen Gesprächsforum hervorgegangene deutsch-tschechische Jugendforum besteht nun seit mehr als 10 Jahren. Gerade läuft die 6. „Amtsperiode“. 15 deutsche und tschechische Jugendliche kommen regelmäßig im Plenum oder in kleineren Arbeitsgruppen zusammen, um sich auszutauschen, weiterzubilden oder ihre eigenen Ideen in gemeinsamen Projekten zu verwirklichen.

Die Vorgaben von Seiten der Trägervereine und Förderer sind dabei inhaltlich nicht einschränkend. Die paritätische Besetzung der Arbeitsgruppen ist zum Beispiel in den Förderungsrichtlinien festgeschrieben. Die Zusammensetzung – und davon abhängig auch die Themenwahl der Plenartreffen und Arbeitsgruppen – des Jugendforums bildet wohl einen großen Teil der Jugendlichen ab, die sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen engagiert. Dabei handelt es sich häufig um Studenten, die sich fachlich mit dem Nachbarland befassen, in Verbänden organisierte Jugendleiter, Jugendliche aus deutsch-tschechischen Familien. Wie bei vielen zivilgesellschaftlichen Projekten ist der Anteil von Nicht-Abiturienten und Nicht-Studenten allerdings verschwindend gering.

Die Mitglieder sind dafür nicht nur untereinander bestens vernetzt, sondern über die Trägervereine, denen viele Ehemalige angehören, und eventuellen „Heimatorganisationen“ der Mitglieder und schließlich auch durch den Kontakt zu Förderern oft bestens in die deutsch-tschechische Zivilgesellschaft eingebunden.

Die Voraussetzungen sind also – insbesondere Dank der beständigen Förderung durch den deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, das tschechische Schulministerium und dem Koordinierungszentrums für deutsch-tschechischen Jugendaustausch Tandem – ausgesprochen komfortabel und vielversprechend. Was die Mitglieder daraus machen, liegt dann nur noch an ihnen.

Einige Projekte überdauern mehrere Amtszeiten, das Projekt „DO NĚMECKA NA ZKUŠENOU“ (Versuchs mal in Deutschland), das Schüler und Studenten in Tschechien über Möglichkeiten eines Auslandsaufenthaltes in Deutschland informieren und auch dazu motivieren soll, läuft bereits seit 2004, mittlerweile relativ unabhängig vom eigentlichen Jugendforum.

Auf dem Internetauftritt des Jugendforums  werden die aktuellen Mitglieder und ihre Projekte vorgestellt. Dort finden sich auch Informationen über das Bewerbungsverfahren, Presseartikel und Informatiosnveranstaltungen.