Gastarbeiter, Quellwasser und Gastfreundschaft – Eine Rucksacktour durch Südosteuropa

(Kristin Kretzschmar)

In der Vorbereitung einer Rucksacktour befindet man sich irgendwann an dem Punkt, dass man zwischen T-Shirt und Reiseliteratur abwägen muss. Jedes Gramm im Rucksack will ja auch getragen werden. Ich war zwei Stunden vor Abreise an diesem Punkt: sollte ich Seneca – Das Leben ist kurz oder ein weiteres Trekking Shirt einpacken? Seneca hat gewonnen. Wie sich später herausstellte, war das auch gut, denn Bücher sind unter Rucksacktouristen beliebte Tauschmittel.

Kristin Kretzschmar bereiste mit Rucksack und Zelt Südosteuropa.

Im Sommer 2012 machte ich mich von Berlin auf, um Südosteuropa zu bereisen. Einen genauen Plan hatte ich nicht, aber einige Anhaltspunkte: das Guca Festival, das Retezat-Gebirge, Cluj-Napocca, Tetovo und Tiraspol. In zwei Monaten sollte das alles zu machen sein. Mein Plan war es auf Reiseführer zu verzichten. Lieber wollte ich mir von anderen Reisenden und Einheimischen die Highlights empfehlen zu lassen. Außerdem habe ich mich auch gegen die Rail Way Pässe entschieden: Das wahre Leben findet man abseits der Schiene.
Ende Juli machte ich mich auf den Weg nach Belgrad, wo das große Abenteuer beginnen sollte.

In den folgenden Berichten, möchte ich meine Tour für LerserInnen nacherlebbar machen. Dabei liegt der Fokus nicht auf den Sehenswürdigkeiten und Jahreszahlen, denn hierbei könnte ich weder Vollständigkeit in Anspruch nehmen, noch wäre der Mehrwert vorhanden: Es gibt zahllose Wikis mit Reiseinformationen. Vielmehr geht es um meine individuellen Eindrücke und Erfahrungen.

Während der Reise stieß ich auf verschiede wiederkehrende Motive, die sich auch in mehreren der Berichte finden. So traf ich auf viele (ehemalige) Gastarbeiter. Diese erzählten nicht ohne Stolz wo sie in Deutschland gearbeitet haben und präsentieren ihre Deutschkenntnisse. Des Weiteren stieß ich durchgängig auf grenzenlose Gastfreundschaft. Zunächst nutzte ich Couchsurfing, um in Städten Unterschlupf zu finden. Auf dem Land, wo Couchsurfing nicht so verbreitet ist, wollte ich zelten. Doch oft war mein Zelt unnötig, da mich Einheimische in ihr Haus einluden. Ein weiteres bestimmendes Motiv war „das weltweit beste Quellwasser„. In ihrer grenzenlosen Gastfreundschaft teilten die Einheimischen ihre wertvollsten Güter: Gemüse aus dem Garten, zeigten mir die Trinkwasserquellen im Felsen (stets mit dem Hinweis, es sei das beste Wasser und irgendein großer Konzern möchte es bald kommerziell nutzen) und natürlich auch den daraus gebrannte Rakia und Palinka. Ein Weiteres Motiv war die Musik. Zunächst war eines der geplanten Ziele das Guca Festival, um mich hier von den Klängen des Balkans verzaubern zu lassen. Doch auch abseits des Festivals traf ich immer wieder auf einheimische Musiker.

Letztendlich reiste ich etwa 4500 km, einige Anhaltspunkte bietet die Karte. In meherern Teilen werde ich in den nächsten Wochen von den einzelnen Zielen berichten.


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Job Shadowing in Aserbaidschan – Get in touch! Keep in touch!

(Wenke Henschel)

Aserbaidschan? Baku? Ach, das ist doch dort, wo der letzte Eurovision Song Contest war, oder? Ja, genau! Nicht nur Schweden sorgte im Sommer 2012 für „Euphoria“ in der Hauptstadt des südkaukasischen Landes am Kaspischen Meer. Die Regierung hatte eigens für den Gesangswettbewerb die Crystal Hall erbauen lassen und auch die restlichen Teile der Stadt herausgeputzt, um sie am Abend des großen Ereignisses hell erleuchten zu können. Inzwischen sind das internationale Pressevolk und die Touristen wieder abgereist. Die Aufmerksamkeit für die demokratischen Defizite, aber auch für die Schönheiten des Landes ist fast gänzlich verschwunden. Was bleibt, ist unter anderem der Grund, weshalb Armenien dem ESC im Jahr 2012 eine Absage erteilte: der Konflikt um Bergkarabach!

Baku putzt sich für den ESC 2012 heraus. (Bild: Wenke Hentschel)

Bergkarabach entspricht etwa dem Areal des früheren Autonomen Gebiets Bergkarabach der Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Während der Konflikt um das Gebiet zwischen Aserbaidschanern und Armeniern wesentlich weiter in die Geschichte zurückreicht, fand er neue Brisanz und Eskalation Ende der 1980er, Beginn der 1990er Jahre. Im Resultat gewannen Armenien und Bergkarabach einen Großteil des von Bergkarabach beanspruchten Gebiets, welches sie trotz fehlender internationaler Anerkennung und entgegen von UN-Resolutionen bis heute halten.

Der bewaffnete Konflikt, der seinen Höhepunkt zwischen 1988 und 1994 hatte, fordert bis heute seine Opfer. Neben den vielen Toten kämpfen auch die Lebenden mit den Folgen, mit den Bildern im Kopf, dem Verlust in so vielerlei Hinsicht und der Vertreibung. Viele sahen sich gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und sind in sichere Landesteile Aserbaidschans geflohen. Etwa die Hälfte der 600.000 Binnenflüchtlinge ist weiblich und obwohl sich die Mehrheit der Flüchtlinge einer schwierigen Lebenssituation ausgesetzt sieht, sind die Frauen unter ihnen besonders benachteiligt.Traditionelle Werte der aserbaidschanischen Kultur verhindern in vielen Fällen, dass die Frauen gleichberechtigt an Entscheidungsprozessen teilhaben und wirtschaftlich unabhängig sein können. Zu dem spielt häusliche Gewalt und Gewalt gegenüber Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen eine Rolle.

Diese Situation soll im April 2013 besonderer Fokus des Job Shadowings zweier Freiwilliger des Vereins European Intercultural Forum e. V.sein. Mit dem Partnerverein „Bridge to the Future“ wollen wir im Laufe des Projekts eine langfristige Kooperation im Bereich Gleichberechtigung und Inklusion von Flüchtlingen aufbauen. Dabei soll insbesondere das Vertrauen zwischen den Partnern gestärkt werden, trotz kultureller Unterschiede, unterschiedlicher Organisationsstrukturen und verschiedener Ansätze zur demokratischen Bildung gemeinsam zur Gender- und Flüchtlingsproblematik zu arbeiten. Unser Ziel ist es, die Bedürfnisse junger Binnenflüchtlinge und Flüchtlingsfrauen in Ganja zu erkennen und davon ausgehend Projekte zu entwickeln.

Und wie sieht's dahinter aus? (Bild: Wenke Hentschel)

Konkret werden wir in Ganja die bereits laufenden Projekte von „Bridge to the Future“ sowie die Organisation selbst kennen lernen. Mehr noch: Treffen mit verschiedenen lokalen Frauen- und Flüchtlingsorganisationen, mit betroffenen Frauen und offziellen Mitarbeitern, aber auch mit Vertretern der Stadt, der Abteilung für Jugend der Stadtverwaltung sowie öffentlichen Wohlfahrtseinrichtungen und der Besuch eines Flüchtlingsquartiers stehen auf dem Plan.

Interesse geweckt? Erfahrungsberichte gibt es im April. Über eine Unterstützung des Projekts
freuen wir uns schon jetzt. Dies ist bei betterplace möglich.

Strafdeportationen oder Präventive Zwangsumsiedlungen?

(Christopher Forst)

Unter Stalin wurde 1944 in nur acht Tagen fast die gesamte tschetschenische und inguschische Bevölkerung deportiert[1] Der überwiegende Teil derer, die sich auf den Listen befanden, wurde sogar an einem einzigen Tag, dem 23. Februar 1944, in Viehwaggons nach Zentralasien verschleppt.[2] Es war nicht erlaubt, mehr als 20 Kilo Gepäck mit auf die Reise zu nehmen und zum Packen blieb in der Regel nur sehr wenig Zeit.[3] Trotz starker Sicherheitsvorkehrungen kam es zu bewaffnetem Widerstand und Verzögerungen.[4]

In dieser Arbeit wird untersucht, ob es sich hierbei „Strafdeportationen“ gehandelt haben könnte, oder ob der Terminus „Präventive Zwangsumsiedlungen“ zutreffender ist. Hierzu werden Hintergründe der Deportationen aufgezeigt und kontextbezogen analysiert.

Hausarbeit Deportationen by FES_OstIA

 


[1] vgl. Gammer, Moshe: The Lone Wolf, S. 166.

[2] vgl. Politkowskaja, Anna: Tschetschenien – Die Wahrheit über den Krieg, Frankfurt am Main 2008, S. 311.

[3] vgl. Gammer, Moshe: The Lone Wolf, S. 167-168.

[4] vgl. Brandes, Detlef / Sundhaussen, Holm/ Troebst, Stefan (Hrsg.): Lexikon der Vertreibungen – Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des 20. Jahrhunderts, Wien u. a. 2010, S. 655 sowie Zülch, Tillmann: Einmischung erwünscht – Der Tschetschenienkrieg geht alle an (Pogrom – Zeitschrift für bedrohte Völker, Bd. 26, Nr. 181, Feb. / März 1995),  S.40.

Homosexualität in Osteuropa

(Kristin Kretzschmar)

Homosexualität in Osteuropa wird nicht erst seit dem russischen „Homosexuellen-Propaganda“ Gesetz in den Medien thematisiert. Bereits in früheren Jahren wurde Homophobie in der osteuropäischen Region deutlich. Zu der Thematik wurde einige allgemeine Informationan und aktuelle Medienempfehlungen zusammengestellt. Für weitere Empfehlungen kann die Kommentarfunktion verwendet werden.

Die russische Opposition setzt sich sarkastisch mit dem Thema auseinander. Darstellung des Bruderkusses in der Berliner East Side Gallery. Quelle:wikicommons, Bundesarchiv, B 145 Bild-F088809-0038 / Thurn, Joachim F. / CC-BY-SA

Hintergründe

In der Reportage „Osteuropas Konsens im Schwulenhass“ beschrieb Tibor Vogelsang 2007 ausführlich die Lage sexueller Minderheiten in Osteuropa. Besonders in Teil 3  wird sogenannte homosexuelle Propaganda thematisiert. Die Debatte sei eine Folge des defizitären Demokratie- und Menschenrechtsverständnis in der Region: „Seinen heutigen Agitatoren dient das Hirngespinst der „homosexuellen Propaganda“ zum einen dazu, das Bewusstsein für eine starke Demokratie und die individuellen Rechte des Einzelnen auszuhöhlen. Mit der ständigen Behauptung dieser angeblichen Propaganda schaffen gewissenlose oder engstirnige Politiker ein gesellschaftliches Klima, in dem gebilligt wird, Versammlungen, Aufklärungsarbeit und Organisationen zu verbieten, die sich für sexuelle Minderheiten einsetzen.“

Im Artikel „Nicht von Gott gewollt“ beschreibt Johann Osel in der Süddeutschen Zeitung Gewalt gegen Homosexuelle. Hierbei stellt er fest: „Die Grenze zwischen Westeuropa und vielen neuen EU-Mitgliedern zeigt kaum ein Thema so deutlich wie der Umgang mit Homosexualität. Während der Christopher-Street-Day und ähnliche Umzüge in westeuropäischen Großstädten längst karnevaleske Volksfeste sind, geraten sie in Osteuropa immer wieder ins Fadenkreuz neofaschistischer Randalierer.“

2007 frage Berthold Forssman in seinem Artikel Homophobie in Osteuropa inwieweit die EU homophoben Tendenzen in Osteuropa entgegenwirken könne: „Viele Homosexuelle in Osteuropa setzen große Hoffnungen auf die EU , die die Rechte von Minderheiten in allen Mitgliedsländern einfordert. Die Diskriminierung findet nicht mehr nur im Verborgenen statt, sondern wird europaweit beobachtet.“

In einer Hausarbeit stellt Miro Böhm die These auf, dass die Lebenssituation Homosexueller im engen Zusammenhang mit dem Demokratisierungsniveau des Staates, in dem sie leben, stehen. (Leseprobe auf Google)

Gesetz gegen Propaganda für Homosexualität in Russland

Folgendes Video von Euronews zeigt die Auseinandersetzungen in Moskau im Zusammenhang mit dem Gesetz.

Severin Weiland thematisiert auf Spiegel Online ein Zusammentreffen des des deutschen Außenministers Guido Westerwelle mit dem russischen Botschafter. Bei diesem Treffen seien ungewöhnlich klare Worte gefallen. Des Weiteren beschreibt er den Umgang der russischen Opposition mit dem neuen Gesetz: „Die Opposition verhilft sich mit Protesten und mit Sarkasmus – etwa dem Blick zurück in die Sowjetära unter KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew, der mit herzhaften Bruderküssen auf den Mund stets die Führer des Ostblocks begrüßte. So fragte der Duma-Abgeordnete Dmitri Gudkow jüngst: „Fällt auch der Dreifach-Kuss von Leonid Breschnew unter Propaganda?““

In einzelnen Städten wurden ähnlich Gesetzte bereits eingeführt. Hierbei war das primäre Argument Kinderschutz, so Heide Rasche im Deutschlandradio Kultur.

In einer Pressemitteilung der SPD Bundestagsfraktion bewertet Johannes Karst das neue Gesetz wie folgt: „Russland entwickelt sich damit zivilisatorisch zurück. Gleichzeitig verübt es einen klaren Affront gegen die Werte des Europarates und die Europäische Menschenrechtskonvention. Es ist kein Wunder, dass die Presse jüngst davon berichtete, wie schlecht Russlands Image inzwischen bei ausländischen Investoren ist.“

Die Integration der ehemaligen Transformationsstaaten Mittel- und Osteuropas in die Europäische Währungsunion am Beispiel Ungarn

(Patrick Guette)

In dieser Bachelor-Thesis wird die aktuelle Problematik einer Erweiterung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion auf die mittel- und osteuropäischen Staaten am Beispiel Ungarn thematisiert. Hierbei wird die historische Besonderheit der Republik Ungarn betrachtet und mögliche wirtschaftspolitische Lösungsvorschläge zu einer langfristigen Erweiterung gegeben.

 

 

BA Patrick Guette WiPo 310812 by FES_OstIA

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