Jura studieren in Prag – ein Erfahrungsbericht

(Tobias Endrich)

Studieren und Unileben

Foto: wikimedia commons

Erasmuskurse

Für Erasmusstudenten bietet die Uni englischsprachige Kurse an. Diese decken ein breites fachliches Spektrum ab. Hier wird allerdings vor allem Wert auf europäische Bezüge und auf den Vergleich mit den „Heimatrechtsordnungen“ der Kursteilnehmer gelegt, was sich natürlich auch anbietet. Die Kontaktaufnahme zu tschechischen Studenten wird dadurch nicht sonderlich gefördert, aber da die wenigsten „Erasmaci“ Tschechisch sprechen, ist dieses System eine Notwendigkeit.

Schwerpunkt – Uni Passau

An der Universität Passau besteht die Möglichkeit, ein 2-semestriges Auslandsstudium als Schwerpunkt (Universitätsprüfung) anerkennen zu lassen, wenn entsprechende Studien- und Prüfungsleistungen erbracht wurden. Mit der Karls-Universität Prag besteht eine diesbezügliche Vereinbarung, was gewisse Rahmenbedingungen absichert.  Die Prüfungsleistungen müssen in tschechischer Sprache erbracht werden, auch die Lehrveranstaltungen sind auf Tschechisch. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt dann vor Ort. So konnte ich verschiedene Lehrveranstaltungen in unterschiedlichen Jahrgängen besuchen und einen kleinen Einblick in das tschechische Jurastudium gewinnen.

Jurastudium in CZ

Auffällig ist dabei, wie viel Wert auf einen historisch/abstrakten Vorbau gelegt wird. Im ersten Jahr kommen die Studenten kaum mit praxisrelevanten Gebieten in Kontakt und jede Vorlesung und jedes Lehrbuch beginnt zunächst mit einer historischen Einführung. Das ist aus deutscher Sicht gewöhnungsbedürftig, aber für Leute mit juristischen Vorkenntnissen (insbesondere wegen des häufigen Bezugs auf eine gemeinsame Rechtsgeschichte) durchaus bereichernd.

Der praktische Bezug ist insgesamt eher dürftig. Es wird vergleichsweise wenig mit dem Gesetz gearbeitet, Fallbearbeitung spielt selten eine Rolle. Der Schwerpunkt liegt auf abstraktem Wissen, das oft ohne den Gesetzestext in mündlichen Frageprüfungen abgefragt wird. Das Erstellen von Texten oder gar Gutachten beginnt eigentlich erst mit der Diplomarbeit. Der didaktische Ansatz der Dozierenden in den Übungen/Seminaren ist aber unterschiedlich. Strafrecht und insbesondere Arbeitsrecht wurde in meinem Fall auch an Hand kleiner Fälle gelehrt.

Es verwundert bei dem m.E. praxisfernen Studium nicht, dass viele Studenten die Chance nutzen, früh in Kanzleien zu arbeiten. Ab dem dritten Studienjahr ist ein Studentenjob Gang und Gäbe, er weitet sich oft zum Vollzeitjob aus. Neben der Sammlung von Erfahrung scheinen aber auch die Kanzleien ganz gut von der preiswerten Arbeit zu profitieren.

Auch deutsche Studenten können übrigens die vorlesungsfreie Zeit ganz gut mit Praktika füllen – deutsche Kanzleien in Prag (dank gezieltem Sponsoring an der Uni kann man sie nicht übersehen) ermöglichen auch Studenten, die kein Tschechische sprechen, Berufserfahrung in der goldenen Stadt.

Was mir öfter begegnete sind Doppelstudien, wobei sogar die Paarung Medizin-Jura machbar sein soll. Das Rechtsstudium lässt sich durch Planung und Fleiß scheinbar gut meistern.

Etwas überraschend, aber nicht verwunderlich, ist die Ausstattung der Uni-Bibliothek, die für deutsche Verhältnisse sehr überschaubar ist und einen großen Anteil ausländischer Literatur aufweist. Nachdem aber wahrscheinlich einzelne Bundesländer mehr juristische Lehrstühle aufweisen als ganz Tschechien, ist das nicht wirklich verwunderlich. Und der Übersichtlichkeit schadet es sicher nicht. Die Bibliothek ist übrigens trotz der vergleichsweise niedrigen Sitzplatzanzahl außerhalb der Prüfungszeiten (jeweils letzter Semestermonat, vorlesungsfrei) nie überfüllt.

Unileben

In Gebäude der Fakultät selbst befindet sich ein Fitnessstudio, es wird eine ganze Reihe von Sportkursen über die Karls-Universität angeboten.

Die Mensa ist preiswert (Suppe und Hauptgericht mit Beilage unter 2 EUR) und schnell. An der Uni sind unterschiedliche Vereinigungen vertreten, z.B. VSEHRD, elsa  oder der Prager deutsche Club.

Diese veranstalten Vorträge, Konzerte, aber auch glamouröse Bälle, die dann tatsächlich wenig studentenhaft sind (aber wer dem Justizminister beim Polka-tanzen auf die Füße treten will, kann das dort tun).

Leben in Prag

Wohnen

Den Erasmus-StudentInnen wird recht unkompliziert ein Platz in einem Wohnheim (kolej) vermittelt. Die Mieten dort sind dem Wohnstandard angemessen. Achten sollte man allerdings auf die Anfahrtswege in die Innenstadt,

die goldene Stadt ist auch gerne mal grau
Foto: Tobias Endrich

die durchaus im normalen Großstadtniveau pendeln können. Auch, ob man sich ein Zimmer teilt oder nicht, sollte man vorher abklären. Der Vorteil eines Wohnheims liegt auf der Hand – das soziale Leben kommt nicht zu kurz. Hier liegt auch ein kleiner Nachteil, denn durch die Zentrierung von ausländischen Studenten ist die Gefahr sehr groß, dass man hauptsächlich Englisch spricht. Aber auch das macht ja den Reiz eines Erasmusjahres aus, nicht nur das Zielland, sondern auch Studierende aus aller Welt kennen zu lernen.

Im privaten Bereich lohnt sich eine frühzeitige Suche, ab 200 EUR aufwärts lassen sich durchaus schöne Kämmerchen finden.

Leben

Die Lebenshaltungskosten im Bereich Lebensmittel entsprechen denen in Deutschland. Vor allem im Servicebereich kommt man aber viel billiger weg, das heißt Essen- oder Kaffetrinken-Gehen kann man u.U. öfter als gewohnt. Die Kneipenkultur in Prag ist eine nähere Betrachtung wert, am besten lässt man sie sich von „Einheimischen“ zeigen und meidet die 08/15-Turi-Absteigen.

Im Sommer laden unzählige Parks zum Entspannen ein – der Letná-Park in Sichtweite der juristischen Fakultät mit seiner Aussicht über die gesamte Altstadt hat bei mir nicht nur einmal für eine „unfreiwillige“ Freistunde gesorgt. Die juristische Fakultät liegt überhaupt malerisch an der Moldau und der tägliche Weg zur Uni war definitiv der schönste „Schulweg“, den ich je hatte.

Kulturell bietet Prag zu viel, als dass es Sinn machen würde, hier eine beispielhafte Aufzählung zu beginnen. Hinweisen möchte ich aber auf Fülle an deutschsprachigen Events, v.a. das Goethe-Institut sorgt dafür, dass der deutsche Film und auch deutschsprachiges Theater gut vertreten sind.

Verkehr

Als absoluter Knotenpunkt bietet sich der Prager Hauptbahnhof für Tages- und Wochenendausflüge an jeden beliebigen Ort in Tschechien an. Für Deutsche (noch) ungewohnt: private Unternehmen bieten preisgünstige und komfortable Busverbindungen an.

Für diejenigen, die sich gerne mit dem Fahrrad von A nach B bewegen, ist Prag nichts – aber mit dem zuverlässigen ÖPNV kann man gut leben. Ein Studententicket kostet weit weniger als 40 EUR für 3 Monate (!) und die Nachttrams fahren ununterbrochen halbstündlich.

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ISIC

Absolut empfehlenswert ist gleich zu Beginn die Beantragung einer ISIC-Karte an der Fakultät – sie ersetzt den Studentenausweis/Bib-/Mensakarte und ist Teil der Fahrkarte, insbesondere aber lassen sich die Vergünstigungen übers Jahr gerechnet wirklich sehen, v.a. im Buchhandel.

 

Links

Weitere Erfahrungsberichte findet man z.B: hier: juristische Fakultäten der Uni München, Uni Osnabrück

Zur Homepage der juristischen Fakultät der Karls-Universität Prag

Struga

(Christopher Forst)

Struga, die 16500 Einwohnerstadt am Ohridsee, steht oft im Schatten des nur 14 Kilometer entfernt gelegenen Ohrid. Die Stadt ist nah an der albanischen Grenze gelegen und stark albanisch geprägt. Für Touristen ist sie die preisgünstige Alternative zu Ohrid, wenngleich die Altstadt weit weniger attraktiv ist.

Ohrid See am Abend. Bild: Kristin Kretzschmar

Ein Besuch am Strand lohnt sich, der Ohridsee besticht mit seinem klaren Wasser und seiner Lage inmitten von Gebirgsketten. Abends erwacht Struga zum Leben, seine Bars und Clubs treffen jedoch nicht unbedingt den westeuropäischen Geschmack. Wie uns bei unserem Besuch versichert wurde, sind die Bewohner von Struga der Überzeugung, ihre Stadt habe gegenüber Ohrid einen entscheidenden Vorteil. Zwar gebe es in Ohrid weit mehr Sehenswürdigkeiten, einen Fluss habe jedoch nur Struga zu bieten. Tatsächlich ist ein Spaziergang am Ufer des Crni Drim entlang der Altstadtrestaurants zu empfehlen, ein Bad im Ohridsee erscheint aber deutlich verlockender.

Wie in vielen Städten Mazedoniens sind auch hier die Moschee und der Hammam, Überbleibsel aus der Herrschaftszeit der Osmanen, als Hauptsehenswürdigkeiten zu nennen. Am Marktplatz befindet sich die Kirche Sveti Gjorgji. Struga eignet sich hervorragend für einen Ausflug ins Umland. Die nicht weit entfernten Felsenkirchen haben wir leider nicht besuchen können.

Ethnisch ist Struga von einer interessanten Gemengelage geprägt. Während in der Stadt selbst die leichte Mehrheit ethnisch-mazedonisch ist, hat die Eingemeindung umliegender Dörfer dazu geführt, dass es im Verwaltungsgebiet Struga eine leichte albanische Mehrheit gibt. Der Bürgermeister ist dementsprechend ethnischer Albaner. Das Nebeneinander der beiden großen Ethnien funktioniert ähnlich wie in anderen Städten Mazedoniens. Die Universität bietet Lehrveranstaltungen in beiden Sprachen an, der Unterricht findet aber zu unterschiedlichen Zeiten statt, sodass man sich im Alltag nicht begegnet. Auch Clubs und Restaurants sind unter den Einheimischen entweder als ethnisch-mazedonisch oder als ethnisch-albanisch bekannt, wie uns erzählt wurde. Das scheinbar einzige bekennende gemischte mazedonisch-albanische Paar ist Stadtgespräch.

Tschechische Gesetzesnovelle soll Marihuana zu Heilzwecken legalisieren

(Tobias Endrich)

Das Abgeordnetenhaus der tschechischen Republik beschloss am 7.12.2012 der dritten Lesung einen Gesetzesentwurf, der die Verwendung von Marihuana zu Heilungszwecken erlaubt. Damit soll das Problem behoben werden, dass Patienten, bei denen die Behandlung mit Marihuana indiziert ist, zurzeit keine Möglichkeit haben, solches zu erhalten. Durch die Regelung, die bei ärztlicher Indikation, Behandlung und Abgabe Marihuana mit einem THC-Gehalt von über 0,3% bzw. daraus hergestellte Produkte zugänglich macht, soll vor allem das Ausweichen der Patienten auf den illegalen Markt vermieden werden. Denn auch, wenn die tschechische Drogenpolitik im Vergleich eher liberal ist und vor allem mit dem Instrument von „bloßen“ Ordnungswidrigkeiten arbeitet, so verstößt eine Behandlung bis jetzt gegen geltendes Recht.

Die Medikamente werden nicht von der Krankenkasse ersetzt und nur auf elektronisches Rezept erhältlich sein. Das Heilmarihuana soll zunächst aus dem Ausland beschafft werden, der Abgeordnete Jiří Rusnok (LIDEM) rechnet aber damit, dass in absehbarer Zeit heimische Produzenten die Qualitätskriterien erfüllen werden und die vorgesehene Lizenz erhalten. Er erhofft sich zudem einen Wettbewerb, der auch eine preisliche Verfügbarkeit für jeden Patienten gewährleistet.

Auch die Polizei soll Zugriff auf die vorgesehene Patientenkartei erhalten, um feststellen zu können, ob der Konsument die Medikamente rechtmäßig besitzt.

Die Verschreibung wird außerdem bestimmten ärztlichen Experten vorbehalten sein. Ist die Behandlung mit THC indiziert, so kann also der eigene Hausarzt nicht einfach Marihuana verschreiben, sondern muss den Patienten weiterverweisen.

Eine „Selbstbehandlung“ oder der Gebrauch von Marihuana zu Genusszwecken wird von der Novelle nicht berührt, wie auch der Mitautor des Entwurfs Pavel Bém wiederholt betonte.

Mit dem Gesetzesentwurf wird sich nun der Senat beschäftigen.

Gespräch mit der deutschen Botschafterin in der Republik Mazedonien, Frau Gudrun Steinacker

(Tobias Endrich)

Die folgenden Aufzeichnungen geben nicht die Meinung von Frau Steinacker oder des Autors wieder, sondern sind Ergebnis des Gespräches mit der Delegation des AK Osteuropa in Krusevo. Diskutiert wurde dabei über das interethnische Verhältnis von Mazedoniern und Albanern, das Verhältnis zu Nachbarstaaten und der EU sowie historische Bezugspunkte.

Mitglieder des stipendiatischen Arbeitskreises Osteuropa mit Gudrun Steinacker

Innerstaatliches Konfliktpotenzial und Unterschiede

Die Region des ehemaligen Jugoslawiens hat an zwei großen Erblasten zu tragen, zum einen der kommunistischen Vergangenheit, zum anderen sind die Konflikte beim Zerfall Jugoslawiens noch nicht bewältigt. Der Flüchtlingsstrom aus Kosovo Ende der 90er Jahre kann als Vorspiel für die interethnischen Spannungen 2001 bezeichnet werden. Ethnische Mazedonier fürchteten eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses, sollten die Kosovoalbaner im Land bleiben (was nur die wenigsten tatsächlich taten).

Als konstantes Problem der Region trat die schwache Wirtschaftsleistung und die hohe Arbeitslosigkeit hinzu. Die ärmste Gruppierung im mazedonischen Staat stellen die Roma dar.

Im Land leben schätzungsweise zwischen 20.000 und 80.000 Bulgaren, wobei nicht klar ist, ob diese durchgehend eine bulgarische Identität besitzen oder die Vorteile einer EU-Bürgerschaft im Vordergrund stehen.

Das Abkommen von Ohrid nach der Eskalation 2001 hat die Separierung von Albanern und ethnischen Mazedoniern im Land verstärkt. Die albanische Bevölkerung wird vor ein Identitätsproblem gestellt, nur die wenigsten sehen sich als Mazedonier. Während die der mazedonische Teil der Bevölkerung den Staat als mazedonischen Nationalstaat und die Albaner im Land somit als Minderheit begreift, fordern die Albaner die Gleichstellung als staatstragendes Volk. Von der Vorstellung eines großalbanischen Staates scheint die albanische Gesellschaft in Mazedonien, auch aus wirtschaftlichen Gründen, abgerückt zu sein. Ein weiterer Konfliktpunkt, die Besteuerung, scheint in den letzen Jahren verschwunden zu sein, indem die Bereitschaft vieler Albaner, Steuern zu zahlen, spürbar anstieg.

Ein Mittel zur Überwindung interethnischer Probleme könnte eine integrierte Bildungsstrategie sein. Diese steckt aber in den Anfängen. Das Abkommen von Ohrid ermöglicht den Albanern Unterricht in der eigenen Sprache, so dass es strikt getrennte albanische und mazedonische Klassen gibt.

Insgesamt kann ein Nebeneinander der Kulturen festgestellt werden. Dies macht sich im gesamten kulturellen Alltag bemerkbar, es gibt getrennte Fernsehsendungen und Ausstellungen. Verständnis muss durch politische und soziale Maßnahmen gefördert werden. Gerade im Kulturbereich treten bereits funktionierende Projekte kaum in der Öffentlichkeit hervor.

Die albanische Gesellschaft zeichnet sich durch starke traditionelle Werte aus, die z.T. in Konflikt mit westeuropäischen Werten stehen. Insbesondere die Stellung der Frauen und von Homosexuellen in der albanischen Gesellschaft ist schwach. Die Kinderrate der albanischen Bevölkerung liegt weit über dem europäischen, vor allem aber dem mazedonischen Durchschnitt. Der starke Bezug zur Großfamilie wird auch in der Art deutlich, wie die Einwohner der Republik Mazedonien ins Ausland gehen. Sind für die Albaner eher familiäre Bindungen vor Ort der entscheidende Faktor, geht es bei den Mazedoniern über die Qualifikationsschiene.

 

Zwischenstaatliche Beziehungen und europäische Perspektiven

Das geografische Gebiet Mazedonien wurde in den Balkankriegen zwischen Serbien ( heutige Republik Mazedonien), Bulgarien (Pirin-Mazedonien) und Griechenland (heute: Provinz Mazedonien) aufgeteilt. Im griechischen Teil Mazedoniens, das fast 2/3 der geografischen Region Mazedoniens umfasst, übte der griechische Staat bereits vor dem 2. Weltkrieg Druck auf die slawische Bevölkerung aus, was sich in Abwanderung bemerkbar machte. In der Folge eines groß angelegten und von den damaligen Regierungen gefeierten „Bevölkerungsaustausches“ Griechenlands mit der Türkei infolge des griechisch-türkischen Krieges zw. dessen Beendigung durch den Vertrag  von Lausanne  wurde die muslimische Bevölkerung Nordgriechenlands in die Türkei umgesiedelt, während über eine Million türkischer Staatsangehöriger orthodoxen Glaubens, Griechen,  die Türkei verlassen mussten. Viele von ihnen siedelten in Nordgriechenland.

Für eine Verschlechterung der Beziehungen sorgte auch der griechische Bürgerkrieg von 1948. Viele slawische Bewohner der Region Mazedonien kämpften auf Seite der Kommunisten. Nach deren Niederlage folgten neben der Flucht vieler Kommunisten, vor allem Slawen, auch weitreichende Verbote der mazedonischen Sprache in Griechenland, das slawischen Mazedoniern die Rückkehr nur unter der Bedingung erlaubte, dass diese sich als Griechen bekennen.

Auf der anderen Seite ist das Verhältnis zu Staaten mit albanischer Bevölkerung recht entspannt, zwischenstaatliche Probleme mit Albanien wurden gelöst und die Republik Mazedonien erkennt den Kosovo als Staat an.

Auch wenn der von Frau Steinacker hervorgehobene Grundgedanke der EU der ist, das gesamte Europa in Frieden zu vereinen, so ist ein baldiger Beitritt der Republik Mazedoniens nicht zu erwarten. Der Namensstreit mit Griechenland ist dabei nur eines der Hindernisse. Ein vergleichbarer politischer Wille zur schnellen Aufnahme wie bei Rumänien oder Bulgarien, für dessen Beitritt auch geostrategische Gesichtspunkte eine Rolle spielten und der von transatlantischen Bündnispartnern nach Kräften beschleunigt wurde, scheint im Moment zu fehlen.

Kritisch beantwortet wurde die Frage, ob die Bevölkerung falsche Vorstellungen an einen EU-Beitritt haben könnte, der von allen politischen Kräften im Land übereinstimmend angestrebt wird. Auf jeden Fall hat der Staat die Aufgabe, sich auch im Hinblick auf eine Annäherung für gemeinsame (europäische) Werte und die Rechte Behinderter, Frauen und Minderheiten einzusetzen. Diese gemeinsamen Werte könnten auch zur Identifizierung der Bevölkerung über die ethnischen Mazedonier hinaus mit dem Staat betragen und einen gemeinsamen Bezugsrahmen schaffen, der im Moment fehlt. Die Erwartungen an diesen Effekt dürfen aber nicht zu hoch sein. Auch ist fraglich, ob solche einenden (europäische) Werte Voraussetzung für einen Beitritt oder Folgen eines solchen sein können. Eine einfache Umgehung des Identitätsproblems durch einen EU-Beitritt ist aber sicherlich nicht möglich.

Bezüglich des Namensstreits kann nicht allein Griechenland in die Pflicht genommen werden. Die rote Linie dürfte bei der Bezeichnung der Staatsangehörigen als „Mazedonier“ und der Sprache als „mazedonisch“ liegen. Ein Kompromiss ohne einen Zusatz zu jetzigen Bezeichnung, beispielsweise Vardar-Mazedonien (der Vardar ist der wichtigste Fluss der Republik Mazedonien, der den gesamten Staat durchfließt), ist ausgeschlossen. Die Kompromissbereitschaft ist aber momentan bei allen Beteiligten eher gering.

Zwischen Griechenland und der Republik Mazedonien scheint sich aber auf gesellschaftlicher Ebene das Verhältnis durch einen zunehmenden Austausch und Tourismus zu verbessern.

Die deutsche Botschaft tritt bei Engagement ausländischer/deutscher Faktoren lediglich als Koordinator auf. Ein Beispiel für aktuelles deutsches Engagement ist ein Kredit der KfW für erneuerbare Energien. Der Beitritt der Republik Mazedonien zur EU wird grundsätzlich unterstützt, wenngleich nicht bedingungslos. Eine Einmischung in den Namensstreit verbietet sich für Deutschland schon aus dem historisch vorbelasteten Verhältnis zu Griechenland und insbesondere zum griechischen Teil Mazedoniens, für das stellvertretend  das Massaker von Chortiatis 1944 angeführt werden kann.

 

Ohrid

(Christopher Forst)

Ohrid gilt zurecht als sehenswerteste Stadt des Landes. Die Nähe zu Albanien und Griechenland sorgt zudem für eine strategisch günstige Lage, was Ohrid zum Tourismuszentrum gemacht hat. Man verfügt hier sogar über einen der beiden internationalen Flughäfen Mazedoniens.

Die 42000 Einwohnerstadt ist ebenso wie der gleichnamige See von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. Das Galicica-Gebirge östlich des Stadtgebietes ist über 2000 Meter hoch gelegen und auch Ohrid selbst befindet sich auf einer Höhe von über 700 Metern. Dies erklärt das besonders malerische Erscheinungsbild, da das Seeufer von den Gipfeln des Galicica-Gebirges umringt ist.

Blick auf den Ohrider See. Bild: Christopher Forst

Ohrid war von zentraler Bedeutung im interethnischen Konflikt von 2001, obwohl sich die Gewalt vor allem im Nordwesten Mazedoniens entlud. Hier wurde am 13. August 2001 das Rahmenabkommen von Ohrid unterzeichnet, dass die Rechte der albanischen Minderheit seitdem sicherstellt. Auch für die weit kleinere bulgarische Minderheit ist Ohrid von zentraler Bedeutung. Im Jahr 2000 gründete sich hier die bulgarische Organisation RADKO, welche 2001 verboten wurde.Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bekam RADKO 2009 Recht, die Organisation musste wieder erlaubt werden. Der mazedonische Staat ließ sie jedoch kurz danach erneut verbieten.

Aller historischen Bedeutung zum Trotz ist Ohrid bei Urlaubern vor allem wegen seiner wunderschönen Architektur, der zahlreichen Kirchen und natürlich wegen seiner Lage am See beliebt. Ein Tag am Strand bietet sich hier ebenso an wie eine Fahrt mit einem der Ausflugsboote. Als Segelrevier ist Ohrid ebenfalls bekannt. Übrigens wusste auch Tito die Vorzüge Ohrids zu schätzen. In seiner ehemaligen Villa wohnt heute der Präsident, wenn er sich in Ohrid aufhält. Das Amphitheater sollte man bei einem Besuch Ohrids ebenso wie die Festung Samuils auf keinen Fall verpassen. Von dem steilen Gässchen, dass in Richtung der Festung führt, hat man einen fantastischen Blick über den Ohridsee.

Kirche in Ohrid. Bild: Christopher Forst

Ein Besuch des Kloster Sv. Naum wird empfohlen, leider hatten wir aber nur einen kurzen Aufenthalt in Ohrid, sodass wir hiervon absehen mussten. Die klare Mehrheit der Bewohner Ohrids ist ethnisch-mazedonisch, wodurch sich die Stadt vom Nachbarort Struga klar unterscheidet. Dies findet Ausdruck in der außerordentlich hohen Anzahl orthodoxer Kirchen. Ein Vergleich zu anderen Badeorten fällt schwer, da Ohrid deutlich kleiner ist, als viele südeuropäische Tourismuszentren. Man sollte sich aber im Rahmen einer Reise nach Mazedonien auf keinen Fall einen Ausflug nach Ohrid entgehen lassen!

novOstia e. V.
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