AK Osteuropa in Minsk: Treffen mit Nasta vom unabhängigen Fernsehsender BELSAT

Vom 10. bis 14. Mai 2018 waren zehn Mitglieder des AK Osteuropa sowie ein ehemaliger Stipendiat in Minsk um sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie zivilgesellschaftliches Engagement in Belarus aussieht. An vier Tagen tauschten wir uns mit vielen interessanten und interessierten Aktivist*innen aus verschiedenen Bereichen aus: darunter waren Künstler*innen, Politiker*innen und Mitarbeitende von NGOs. Die Berichte zu den Treffen findet ihr hier auf dem Blog, als erstes berichten wir über unser

Treffen mit Nasta Reznikava, Journalistin bei BELSAT

von Paula Lange

Die aus Minsk stammende Journalistin Nasta Reznikava arbeitet beim polnisch-belarussischen Fernsehsender BELSAT, der 2007 vom polnischen Außenministerium in Warschau gegründet wurde. Die letzte Umfrage hat ergeben, dass in Belarus ca. 500 000 Menschen mindestens zweimal pro Woche BELSAT einschalten. Er ist der einzige unabhängige Fernsehsender in Belarus, der keiner Zensur unterliegt. Neben Nachrichten produziert der Sender vor allem Dokumentationen. Er wird von verschiedenen europäischen NGOs und Organisationen finanziert. Da es in Belarus verboten ist, mit ausländischen Sendern ohne Lizenz zusammenzuarbeiten, hat der Sender weiterhin seinen Sitz in Warschau. Trotzdem müssen die Mitarbeitenden regelmäßig mit einer Strafverfolgung rechnen, jeden Monat werden Mitarbeitende angeklagt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Diese wird dann jedoch von dem Sender gezahlt. Einige Kameraleute wurden jedoch auch schon zu Gefängnisstrafen verurteilt. Nasta berichtet, dass die Arbeit von BELSAT ständig unter Beobachtung der Polizei steht.

Für BELSAT arbeitete Nasta auch schon mit verschiedenen deutschen Sendern wie dem Deutschlandfunk zusammen. Sie spricht neben Russisch auch perfekt Deutsch sowie belarussisch – das ist in Belarus eine Besonderheit, denn nur 13% der Bevölkerung kommunizieren auf belarussisch. Auch BELSAT strahlt Produktionen auf belarussisch aus. Nasta berichtet vor allem über Politik und soziale Probleme, dabei konzentriert sie sich vor allem auf die ländliche Gegend des Landes. Besonders die Berichterstattung über die Proteste im Jahr 2017 machte BELSAT sehr bekannt. 2017 protestierten landesweit Menschen gegen ein neues „Gesetz gegen Sozialschmarotzer“ sowie in Minsk gegen die geplante Bebauung eines Geländes, auf dem Massengräber von Opfern der „stalinistischen Säuberungen“ entdeckt worden waren. Nasta sieht ihre Arbeit jedoch nicht als oppositionell an, sondern möchte vor allem „freien, unabhängigen Journalismus“ machen. Außerdem ist es ihr wichtig, aus belarussisch arbeiten zu können.

Die Vermutung liegt nahe, dass besonders oppositionelle Parteien und Organisationen BELSAT nutzen möchten, um Aufmerksamkeit für ihre Arbeit und Aktionen zu bekommen, die ihnen im staatlichen Fernsehen verwehrt wird. Ob und in welchem Rahmen es oppositionelle Themen in das Programm schaffen, hängt laut Nasta aber vor allem von der Relevanz und der Größe der Aktion statt. Wenn von Seiten der Opposition, Aktionen gegen Probleme einfacher Menschen in ländlichen Regionen organisiert werden, ist Nasta aber meist mit einem Kamerateam vor Ort – das Thema liegt ihr sehr am Herzen. Auf die Frage, ob sie auch manchmal Angst habe, sagt sie trocken „Irgendwer muss diese Arbeit ja machen“.

 

 

 

 

Foto: Kristina Großehabig 2018

 

 

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